Bitcoin hat nach einem starken Montag und einer volatilen Woche die Kurszuwächse der vergangenen Tage wieder ausradiert. Obwohl am Montag noch ein neues Allzeithoch zum Greifen nahe schien, sank das Asset gegen Ende der Handelswoche deutlich.

Allein am Freitag brach BTC binnen weniger Stunden um 8 Prozent von 71.000 auf fast 65.000 US-Dollar ein. Daten von Coinglass zeigen, dass im Rahmen dieser Bewegung fast 800 Millionen US-Dollar an Long-Positionen aus dem gesamten Krypto-Markt gespült wurden.

Mit dem Einbruch, von dem sich Bitcoin wieder ein Stück weit erholen konnte, handelt das Asset nun rund 10 Prozent unter dem vor einem Monat gesetzten aktuellen Höchststand von ungefähr 73.800 US-Dollar je BTC.

Hohe Inflation belastet die Märkte

Als Bitcoin nach dem Preisrutsch in Reaktion auf die am Mittwoch gemeldeten überraschend hohen US-Inflationszahlen entgegen dem Gesamtmarkt ins Plus drehen konnte, machten einige Marktbeobachter bereits auf die kleine Entkopplung Bitcoins aufmerksam.

Ich interessiere mich im Allgemeinen nicht für 1-Tages-Bewegungen, aber ich fand es bemerkenswert, dass während der Marktstunden nach den heißen Inflationszahlen, die viele Asset-Preise nach unten drückten, Bitcoin an diesem Tag gestiegen ist (nachdem Bitcoin kurzzeitig mit nach unten gerissen wurde), während Gold und der S&P 500 gefallen sind.

Wahrscheinlich nur Lärm.
Lyn Alden, renommierte Analystin

Doch die Hoffnung, dass die vermeintliche Entkopplung längerfristig sein könnte, schwand letztlich, als Bitcoin am Donnerstag und Freitag wiederum stärker nachgab als der Aktienmarkt und das Zwischentief vom Mittwoch sogar deutlich unterschritt.

Eine wieder ansteigende Inflation macht es unwahrscheinlicher, dass die US-Notenbank bald die Zinsen senken wird. Generell gelten niedrige Zinsen als positiv für die Kapitalmärkte. Dies unterstrich auch die Rallye bei Aktien und insbesondere bei Bitcoin, als die Federal Reserve in Reaktion auf die Corona-Lockdowns den Leitzins auf nahe null herabsenkte.

Vor der mit 3,5 Prozent um 10 Basispunkte höher als erwartet ausfallenden Inflation im März ging der Markt noch von der ersten Zinssenkung der US-Notenbank im Juni aus. Aktuell sieht es frühestens nach Juli oder gar erst September aus. Obwohl immer mehr Analysten in den Raum stellen, dass es in diesem Jahr auch gar keine Zinssenkung geben könnte, sieht der Markt die Wahrscheinlichkeit dafür momentan nur bei lediglich circa 10 Prozent.

Auch US-Präsident Joe Biden, der im November auf seine Wiederwahl hofft, meldete sich erneut zur Geldpolitik zu Wort. Der 81-Jährige bleibt trotz der wieder steigenden Inflationszahlen dabei, dass die Federal Reserve in diesem Jahr die Zinsen senkt.
Ich bleibe bei meiner Prognose, dass es vor dem Jahresende eine Zinssenkung gibt. Sie verschiebt sich nur vielleicht um einen Monat, ich weiß nicht genau.
Joe Biden bei einer Pressekonferenz

Wie sich die Konsumgüterpreise und die Geldpolitik in den USA entwickeln werden, steht noch in den Sternen. Jedoch ist es absehbar, dass, wenn die Inflation es einigermaßen zulässt, die womöglich nur auf dem Papier unabhängige Zentralbank die Geldpolitik merkbar lockern wird. Insbesondere in einem Wahljahr würgt die Federal Reserve nur ungern die Finanzmärkte sowie die Wirtschaft mit hohen Zinsen ab. Und angesichts der ausufernden Staatsschulden der USA würde ein niedrigerer Zins den US-Haushalt durchaus entlasten.

Geopolitische Risiken nehmen zu

Auch der sich zuspitzende Konflikt zwischen dem Iran und Israel belastete die Kapitalmärkte gegen Ende der Handelswoche. Joe Biden verkündete am Freitag, dass er damit rechnet, dass der Iran Israel „eher früher als später“ angreifen wird. Die Ernsthaftigkeit der Lage wird auch dadurch deutlich, dass die USA ihre Militärpräsenz in der Region erhöht haben, um ihren Verbündeten dabei zu unterstützen, die erwarteten Angriffe abzuwehren. Die Regierung in Teheran hat nach einem mutmaßlich israelischen Anschlag auf das iranische Botschaftsgeländer in Damaskus Anfang dieses Monats mit einem Vergeltungsschlag gedroht.

Auf die zunehmende Gefahr einer Eskalation reagierten die Märkte am Freitag wie üblich im Angesicht von Unsicherheiten: Der US-amerikanische Aktienindex S&P 500 korrigierte im Tagesverlauf um rund 1,5 Prozent und der US-Dollar, als sicherer Hafen, wertete merkbar gegenüber den anderen Währungen auf.

Obwohl Bitcoin sich schon des Öfteren in Krisensituationen bewährt hat, ist das Asset im Kopf vieler Marktteilnehmer augenscheinlich noch nicht der Hafen der Sicherheit, den überzeugte Bitcoin-Enthusiasten in dem Asset sehen.

ETF-Daten geben ein gemischtes Bild ab

Für die am 10. Januar in den USA zugelassenen Bitcoin-Spot-ETFs war es – vermutlich auch den makroökonomischen Umständen geschuldet – eine durchwachsene Handelswoche. Am Montag, Dienstag und Freitag verzeichneten die börsengehandelten Fonds Nettoabflüsse.

Zwar war der Mittwoch der Tag mit den bisher niedrigsten Abflüssen für das von einem geschlossenen Trust in einen ETF umgewandelte Anlageprodukt von Grayscale ($GBTC), doch unter dem Strich bleibt für die Handelswoche ein Minus von 82,5 Millionen US-Dollar für alle ETFs zusammengenommen.

Trotz der etwas nachlassenden Kaufnachfrage stagnieren die kumulierten, also aufsummierten, Zuflüsse weiterhin auf

Halving steht kurz bevor

In weniger als 1.000 Blöcken beziehungsweise rund einer Woche findet das Halving statt, bei dem die Menge an neuen Bitcoin je Block von 6,25 auf 3,125 halbiert wird. Zwar machen die neu hinzukommenden BTC einen immer geringeren Anteil der Gesamtmenge aus, doch auch der handelbare Bestand an den Börsen ist seit dem vorherigen Halving im Jahr 2020 deutlich zurückgegangen – von ungefähr 3 auf etwas mehr als 2 Millionen BTC.

Einige Marktbeobachter erwarten entsprechend, dass das kommende Halving – wie es in der Vergangenheit immer der Fall war – ein Katalysator für stark steigende Notierungen sein wird.

Wenn man am Aktienmarkt investiert, heißt es „wette nicht gegen die Federal Reserve“. Wenn du ein Bitcoin-Käufer bist: „Wette nicht gegen das Halving“. Das Ding ändert alles: Das Angebot sinkt, die Nachfrage steigt, der Preis geht hoch. Das ist das natürliche ökonomische Zusammenspiel aus Angebot und Nachfrage.
Tim Draper, Risikokapitalgeber und Milliardär gegenüber Cointelegraph

Die Leute sagten damals, dass die ETFs eingepreist sind und jetzt sagen sie, dass das Halving eingepreist ist – das glaube ich ebenfalls nicht. Ich glaube, Bitcoin hat noch sehr viel Luft nach oben.
Anthony Scaramucci, Hedgefondsmanager und ehemaliger Kommunikationsdirekter des Weißen Hauses gegenüber CNBC

Ob die sich voraussichtlich am Samstag ändernde Dynamik zwischen Angebot und Nachfrage tatsächlich noch nicht eingepreist ist, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen.

Weitere potenzielle Kurstreiber

Neben dem Halving gibt es noch zusätzliche womöglich bald kurstreibende Katalysatoren. In weiteren Ländern könnten schon in absehbarer Zeit ebenfalls Bitcoin-Spot-ETFs zugelassen werden. Dadurch wäre es den großen Investoren in diesen Regionen möglich, über die etablierten Strukturen in das Asset zu investieren.

Zum einen soll bereits am Montag die Zulassung der Bitcoin-Spot-ETFs in Hongkong von der Aufsichtsbehörde SFC verkündet werden. Das berichtete der Nachrichtendienst Bloomberg, der sich dabei auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berief. Da auch Vermögensverwalter aus Festlandchina Anträge eingereicht haben, geht die in Singapur ansässige Krypto-Analysefirma Matrixport davon aus, dass die Anlagevehikel eine Nachfrage von rund 25 Milliarden US-Dollar aus China erwarten könnte.

Zum anderen hat die südkoreanische Partei Minju, die versprochen hat, Bitcoin-Spot-ETFs in der Republik zum Handel zuzulassen, die Parlamentswahl deutlich gewonnen. Ob in dem Land, das auch für eine hohe Bitcoin-Adoption bekannt ist, die ETFs tatsächlich zeitnah handelbar werden, bleibt abzuwarten.

Korrekturen gehören bei Bitcoin dazu

Obwohl eine Korrektur von 8 Prozent in wenigen Stunden bei dem ein oder anderen Investor Panik auslösen kann, ist wichtig zu erwähnen, dass dies bei Bitcoin üblich ist. Mit dem Kursrutsch fiel Bitcoin gerade mal auf das Niveau zurück, bei dem das Asset am Donnerstag der vorherigen Woche notierte.

Da im Bitcoin- und Krypto-Markt sehr viele Marktteilnehmer gehebelt unterwegs sind, kann ein fallender oder steigender Kurs schnell durch liquidierte Trading-Positionen beschleunigt werden. Wie der Whistleblower Edward Snowden kommentierte, ist der Kursrutsch vom Freitag kein Grund auszuflippen.

> ich sehe, wie Krypto-Leute wegen der Preise ausflippen
> ich öffne den Bitcoin-Chart
> der Preis ist derselbe wie vor 7 Tagen
> ich schau weiter Anime
Edward Snowden, bekannter Whistleblower