Laut einem exklusiven Bericht von Reuters plant Venezuela die Ölexporte zunehmend im Gegenzug für Kryptowährungen abzuwickeln. Das haben drei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur mitgeteilt. Grund dafür sind die wieder in vollem Umfang in Kraft tretenden Sanktionen der USA. Mit dem Ausweichen auf Kryptowährungen – im Speziellen der Stablecoin USDT – möchte das staatliche Ölunternehmen PDVSA das Risiko minimieren, dass weitere ausländische Konten eingefroren werden, so die Quellen von Reuters.

Die Sanktionen der USA gegen Venezuela

Erst im Oktober vergangenen Jahres hatten die USA die Sanktionen für das Land mit der größten Öl- und Gasreserven noch gelockert. Diese Vereinbarung haben die USA jedoch zum 18. April nicht verlängert, da der Präsident Nicolás Maduro seine Zusagen für freie und faire Wahlen in diesem Jahr nicht eingehalten hat. Maduro verwehrt nämlich seinem größten Konkurrenten, sich für die Präsidentschaftswahl im Juli zu registrieren. 

Das US-Finanzministerium hat den Kunden und Lieferanten von PDVSA vergangene Woche entsprechend eine Frist bis zum 31. Mai eingeräumt, um die Transaktionen im Rahmen einer allgemeinen Lizenz abzuwickeln. Unternehmen müssen dann auf individuelle US-Genehmigungen warten, um mit Venezuela Geschäfte machen zu dürfen. In der Vergangenheit wich das staatliche Unternehmen auf Mittelsmänner aus, um Ölgeschäfte mit wichtigen Partnern wie China abwickeln zu können. Die Sanktionen der USA haben aber auch wichtige Handelsbeziehungen für das Land zerstört.

Das südamerikanische Land ist eines der am stärksten von der Ölindustrie abhängigen Länder und der US-Dollar, auch Petrodollar genannt, die weltweit beliebteste Währung auf dem Ölmarkt. 

Venezuela weicht auf Stablecoin USDT aus

Bereits seit 2023 weicht das staatliche Ölunternehmen PDVSA für grenzüberschreitende Zahlungen auf den US-Dollar-Stablecoin USDT aus. Diese Alternative soll nun weiter forciert werden, um trotz Sanktionen unabhängiger weiter in einer Währung, die den US-Dollar abbildet, Handel betreiben zu können.

PDVSA verlangt außerdem, dass jeder neue Kunde, der Öltransaktionen abwickeln möchte, Zugriff auf Kryptowährungen hat, berichtet Reuters. Laut einer Quelle der Nachrichtenagentur hat das venezolanische Ölunternehmen die Anforderung sogar in einigen alten Verträgen durchgesetzt, die nicht ausdrücklich die Verwendung von USDT vorgesehen haben. Schon jetzt soll PDVSA zudem eine Anzahlung in Höhe der Hälfte des Kaufpreises in USDT verlangen.

USDT-Transaktionen, wie sie von PDVSA gefordert werden, bekommen jedoch keine Freigabe der Compliance-Abteilungen einiger Ölhändler, weswegen diese die Transaktionen derzeit über Mittelsmänner abwickeln, wie einer der Händler der Nachrichtenagentur Reuters erklärt. Ob und in welchem Umfang auch andere Kryptowährungen abgesehen von USDT Anwendung finden sollen, ist noch unklar. 

"Wir haben verschiedene Währungen, je nachdem, was in den Verträgen steht", teilte der venezolanische Ölminister Pedro Tellechea vergangene Woche Reuters mit und er fügte hinzu, dass in einigen Verträgen digitale Währungen die bevorzugte Zahlungsmethode sein könnten.

Warum nicht Bitcoin?

Tether, das Unternehmen hinter dem Stablecoin USDT, ist bekannt dafür, Sanktionsanweisungen der USA zu befolgen. Generell haben die USA den Stablecoin-Emittenten auch auf dem Schirm, wenn es um die Durchsetzung von Sanktionen geht.

Darüber hinaus haben wir beobachtet, dass Russland zunehmend auf alternative Zahlungsmechanismen zurückgreift – einschließlich des Stablecoins Tether – um zu versuchen, unsere Sanktionen zu umgehen und die Kriegsmaschinerie weiter zu finanzieren.
Aktuelle Pressemitteilung des US-Finanzministeriums

Ein Sprecher des Stablecoin-Emittenten hat bereits gegenüber Cointelegraph betont, dass Tether sich weiterhin dazu verpflichtet, Zahlungen im Zusammenhang mit OFAC-sanktionierten Entitäten, wie es Venezuela ist, zu unterbinden.

Tether respektiert die OFAC SDN-Liste und setzt sich dafür ein, dass Sanktionsadressen umgehend eingefroren werden.
Ein Sprecher von Tether gegenüber Cointelegraph

Entsprechend wäre es vermutlich mittel- bis langfristig sinnvoll, dass Länder, die sich Sanktionsrisiken gegenübergestellt sehen, auf Bitcoin ausweichen. Bitcoin-Transaktionen sind aufgrund der Dezentralität weder zensierbar, noch können Dritte Bitcoin beschlagnahmen, insofern die Nutzer sie in Eigenverwahrung halten. Auch wäre Bitcoin mittlerweile wahrscheinlich liquide genug, dass große Transaktionen ohne Komplikationen abgewickelt werden können. Nachteil für den Handel ist hingegen die noch starke Volatilität des erst 15 Jahre alten Assets.

Matthew Ferranti, Doktorand an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät von Harvard, veröffentlichte vor einigen Monaten bereits eine wissenschaftliche Arbeit, in der er Zentralbanken die Empfehlung aussprach, einen Teil der Reserven in Bitcoin zu diversifizieren. Bereits unter normalen Umstanden ist dies laut dem Paper von Vorteil, insbesondere aber, wenn das Land von Sanktionsrisiken betroffen ist.

Im Jahr 2020 hieß es auch schon in einem Investigativreport eines venezolanischen Mediums, dass laut Quellen der Zentralbank von Venezuela Zahlungen an Unternehmen aus verbündeten Ländern wie dem Iran oder der Türkei in Bitcoin abgewickelt werden. Ob Bitcoin im Rahmen der wohl noch einige Zeit anhaltenden Sanktionen bald eine größere Rolle für die venezolanische Wirtschaft spielen wird, bleibt abzuwarten.