MicroStrategy ist mittlerweile weltweit für seine aggressive Bitcoin-Strategie bekannt, das Unternehmen hat sich im Kerngeschäft jedoch eigentlich auf die Entwicklung von Softwarelösungen im Bereich Business Intelligence spezialisiert. Im Rahmen ihrer jährlich stattfindenden “WORLD” Konferenz (aktuell in Las Vegas) hat das Unternehmen von Gründer Michael Saylor nun ein neues Protokoll für dezentrale Identifikation (DID) namens MicroStrategy Orange vorgestellt. Das neue DID-Protokoll möchte sich das Ordinals-Protokoll und sogenannte Inscriptions zunutze machen, um Daten, die für dezentrale und digitale Identitäten relevant sind, zu speichern.

Technische Grundlagen & Unterschiede

Laut Saylor zielt das Orange-Protokoll darauf ab, eine „internetnative dezentrale digitale Identität zu schaffen“, die durch Bitcoin unterstützt wird. Saylor betonte dabei die Vorteile von Bitcoin, wie Fehlertoleranz, Zensurresistenz und den Einsatz sowohl erprobter als auch fortschrittlicher Kryptografie, die Orange von anderen DID-Lösungen unterscheidet. Die technische Grundlage von Orange beruht dabei – wie bereits erwähnt – auf den sogenannten Inscriptions. DID-Informationen werden direkt auf der Blockchain gespeichert, im Gegensatz zu anderen DID-Methoden, die auf externe Datenquellen oder zusätzliche Abhängigkeiten angewiesen sind. Dies sichert die dauerhafte Speicherung und Integrität der Daten und verbessert gleichzeitig die Funktionalität und zukünftige Kompatibilität der digitalen Identitäten.

Ein ähnliches Vorhaben, digitale Identitäten mithilfe von Bitcoin abzusichern, startete der Software-Gigant Microsoft mit dem Produkt “ION” bereits im Jahr 2020. Deren Vorgehensweise war allerdings eine gänzlich andere, da die DID nicht direkt in der Bitcoin-Blockchain gespeichert, sondern lediglich mit dieser verknüpft werden sollten. Aktuell scheint das Projekt jedoch stillzustehen und es ist ziemlich ruhig darum geworden. 

Orange als Unternehmenslösung

MicroStrategy will Orange als eine robuste Alternative zu herkömmlichen, zentralisierten Identitätssystemen vermarkten und entsprechend seiner Vorteile in die Unternehmenswelt einbinden.

Verbesserte Sicherheit und Kontrolle

Die Verwendung der Bitcoin-Blockchain bringt signifikante Sicherheitsvorteile. Jede Identität wird als eindeutige Transaktion auf der Blockchain festgehalten, was Manipulationen extrem erschwert und eine nachträgliche Veränderung quasi unnmöglich macht. Durch die dezentrale Natur von Bitcoin können die Daten nicht von einer einzigen Entität kontrolliert oder verändert werden, was somit eine höhere Sicherheit gegenüber Angriffen und Ausfällen bietet als zentral verwaltete Systeme. Zudem ist Bitcoin von Natur aus widerstandsfähig gegen Zensur und legt die Kontrolle über die eigenen Identitätsdaten wieder in die Hände der Benutzer.

Pre-Built Identity Apps

MicroStrategy Orange umfasst eine Auswahl an vorgefertigten Applikationen, die speziell darauf ausgelegt sind, häufig auftretende Probleme im Zusammenhang mit Identitätsmanagement zu lösen. Diese Anwendungen decken ein breites Spektrum ab, von einfachen Verifizierungstools bis hin zu komplexeren Systemen für die Verwaltung und Überprüfung von Nutzeridentitäten in großem Maßstab. Beispielsweise könnten Apps zur automatisierten Überprüfung der Authentizität von Nutzerdaten gehören, die in Echtzeit die auf der Blockchain gespeicherten Informationen abgleichen.

Software Development Kit (SDK)

Ein zentraler Bestandteil von MicroStrategy Orange ist das bereitgestellte SDK, das Entwicklern die Integration der DID-Funktionalitäten in bestehende Systeme erleichtert. Dieses Kit ermöglicht es, die robusten Sicherheitsfeatures der Blockchain-Technologie nahtlos in die bestehende IT-Infrastruktur einer Organisation einzubetten. Das SDK bietet APIs und Entwicklerwerkzeuge, die eine schnelle und effiziente Entwicklung von benutzerdefinierten Identitätsmanagement-Lösungen ermöglichen. Unternehmen können damit ihre eigenen, auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnittenen Identitätsanwendungen entwickeln oder bestehende Systeme erweitern.

Integration in bestehende Systeme

Die Plattform ist so gestaltet, dass sie leicht in bestehende Unternehmenssysteme und Datenbanken integriert werden kann. Dies erleichtert es Organisationen, MicroStrategy Orange in ihre bestehenden operativen Prozesse einzubinden, ohne dass umfassende Überarbeitungen oder der Ersatz bestehender Systeme erforderlich sind. Als Beispiel wurde im Rahmen der Präsentation unter anderem “Orange for Outlook” vorgestellt, eine Lösung, die E-Mails mit entsprechenden digitalen Signaturen versieht, um Phishing-Attacken und andere Betrugsversuche zu erschweren.

Perspektive als Bitcoin-Entwicklungsunternehmen

Erst vor wenigen Wochen erklärte man seitens MicroStrategy, dass man zum ersten "Bitcoin-Entwicklungsunternehmen" werden möchte, das sich aktiv an der Weiterentwicklung und Implementierung von Bitcoin-basierten Technologien in der Realwelt beteiligt. Mit der bevorstehenden Einführung von MicroStrategy Orange wird diese Vision nun ein Stück greifbarer. Obwohl das genaue Datum für den offiziellen Start der Plattform noch nicht festgelegt ist, steht außer Frage, dass Orange das Potenzial hat, die Landschaft der digitalen Identität signifikant zu prägen. Angesichts des dramatischen Anstiegs von Identitätsdiebstählen, der nach Angaben der US Federal Trade Commission in den letzten Jahren stark zugenommen hat, bietet Orange eine zeitgemäße und dringend benötigte Lösung für ein wachsendes Problem.

Fast jeder dritte Amerikaner wurde im Jahr 2022 Opfer eines Identitätsdiebstahls.
FTC | Panda Security

Kritik

Dennoch gibt es auch Kritik am Vorhaben von MicroStrategy. Einige Gegner von Ordinals und Inscriptions äußerten sich bereits entsprechend und bezeichneten Orange in seiner geplanten Form sogar als einen “Angriff auf Bitcoin”. Insbesondere, da das Thema “Identitäten im Internet" einigen Privatsphäre-Maximalisten zusätzlich negativ aufstößt. Bei 𝕏 waren einige Kommentare wie “Saylor hätte alles bauen können und nun kombiniert er KYC mit Spam?” oder “Persönlich baue ich lieber auf Infrastrukturen auf, die *keine* Identität erfordern” zu lesen. Der Großteil der Bitcoin-Community verteidigte das Vorhaben jedoch und findet es gut, dass ein Unternehmen sich praktischen Realtwelt-Lösungen auf Bitcoin-Basis widmet.

 Ein Angriff, der die Nachfrage und Sicherheit von Bitcoin erhöht, ist ein ziemlich schwacher Angriff.
@stevexyze

Es geht darum, das derzeitige Identitätssystem zu ersetzen, in dem ständig gestohlen wird. Gestohlene Identitäten sind ein ernstes Problem. Damit wird das Problem gelöst. Man behält seine Identität buchstäblich sicher auf der Blockchain. Dies ist mit der Realwelt verbunden, die mit deiner Identität in der Blockchain implementiert wird. Niemand wird jemals in der Lage sein, dein Vermögen oder deine Identität zu stehlen.
@TimTalk

Video zur Präsentation