Die Ankündigung einer neuen HBO-Dokumentation, die angeblich die Identität des mysteriösen Bitcoin-Schöpfers Satoshi Nakamoto enthüllen soll, hat in der Bitcoin- und Kryptoszene für Aufsehen gesorgt.

Heiße News oder kalter Kaffee?

Blocktrainer.de stellte bereits bei 𝕏 die offene Frage, ob die Doku tatsächlich neue Erkenntnisse ans Tageslicht bringen wird, oder ob einfach der metaphorische “kalte Kaffee” wieder aufgewärmt wird.

Wird ein gänzlich neuer Satoshi-Kandidat präsentiert werden? Wird es neue Informationen geben, welche einen der altbekannten Anwärter eindeutig als Satoshi identifizieren können? Wir werden es bald erfahren. Die Wettmärkte haben jedoch bereits einen klaren Favoriten: Len Sassaman, ein Kryptograf und Verfechter der digitalen Privatsphäre, wird als Hauptkandidat gehandelt, der in der Doku als Satoshi Nakamoto präsentiert werden könnte.

Wer ist Len Sassaman?

Len Sassaman ist kein Unbekannter in der Bitcoin-Szene und insbesondere in der Welt der Kryptografie. Er war ein brillanter Informatiker, der sich zeitlebens für die Verteidigung der digitalen Privatsphäre einsetzte. Geboren 1980, machte sich Sassaman vor allem in der Cypherpunk-Bewegung einen Namen und war bekannt als Entwickler von Verschlüsselungstechnologien. Eines seiner bekanntesten Projekte war die Wartung des Anonymisierungssystems Mixmaster, das E-Mail-Kommunikation vor Überwachung schützen sollte.

Sassaman war eng verbunden mit prominenten Vertretern der Cypherpunk-Szene, wie beispielsweise Hal Finney, eine der ersten Personen, die mit Satoshi Nakamoto in Kontakt standen und ebenfalls als möglicher Kandidat für die wahre Identität Nakamotos gehandelt wird. Len Sassaman verstarb im Jahr 2011 im Alter von nur 31 Jahren, wenige Monate nachdem Satoshi Nakamoto das letzte Mal öffentlich kommuniziert hatte. Dieser zeitliche Zusammenhang ist einer der Hauptgründe, warum Sassaman bereits seit längerem als möglicher Satoshi gehandelt wird.

Könnte Len Sassaman Satoshi Nakamoto sein?

Eine der bekanntesten Ausarbeitungen dazu, ob Len tatsächlich Satoshi sein könnte, stammt von Evan Hatch aus dem Jahr 2021. In einem ausführlichen Medium-Post geht Hatch auf verschiedene Aspekte ein, die für diese Theorie sprechen.

Zu den Pros zählt in erster Linie Sassamans umfassende Expertise im Bereich der Kryptografie und seine, eingangs bereits erwähnte, enge Verbindung zur Cypherpunk-Bewegung. Sassaman war nicht nur ein talentierter Programmierer, sondern hatte auch die nötige philosophische und ideologische Ausrichtung, die mit den Zielen von Bitcoin übereinstimmt. Er hatte ein tiefes Verständnis für Datenschutz und dezentrale Technologien, beides zentrale Elemente von Bitcoin. Sassaman hätte definitiv Zugang zu den notwendigen Ressourcen und dem technischen Wissen gehabt haben können, um Bitcoin zu erschaffen. Allerdings ist bis heute unklar, woher er die ökonomische Komponente hätte nehmen sollen. Er war nicht dafür bekannt, sich mit Ökonomie, insbesondere der “Österreichischen Ökonomielehre” befasst zu haben. Dies spricht wiederum gegen ihn als Kandidaten.

Das am häufigsten genannte Indiz für Sassamans mögliche Identität als Satoshi Nakamoto ist der zeitliche Zusammenhang zwischen seinem Tod im Jahr 2011 und dem plötzlichen Verschwinden von Satoshi aus der öffentlichen Kommunikation. Nachdem Satoshi das letzte Mal in einem Forum gepostet hatte, zog er sich bekanntermaßen vollständig zurück, was einige dazu veranlasst hat zu spekulieren, dass Sassamans Tod möglicherweise der Grund für Satoshis Schweigen sein könnte. Zudem gilt Sassaman als jemand, der sich bewusst aus dem Rampenlicht heraushielt, was mit Satoshis anonymer Natur übereinstimmt.

Doch es gibt auch gewichtige Argumente gegen die Theorie, dass Len Sassaman Satoshi Nakamoto war. Insbesondere Unterschiede in den Schreibstilen sprechen dagegen. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist zudem das öffentliche Dementi seiner Frau, die nach Sassamans Tod klarstellte, dass er nicht der Schöpfer von Bitcoin war. Patterson argumentierte, dass Sassaman zwar viele Fähigkeiten und Interessen mit Satoshi teilte, er jedoch nicht mit der Arbeit an Bitcoin beschäftigt war. Zudem betonte sie, dass Sassaman mit vielen anderen Projekten stark ausgelastet war, sodass er nicht die Zeit oder die Kapazitäten gehabt hätte, Bitcoin parallel zu seinen anderen Verpflichtungen zu entwickeln.

Es ist ein sehr gut recherchierter und respektvoller Artikel, aber nach allem, was ich weiß, war Len nicht Satoshi.
Meredith L. Patterson, Ehefrau von Len Sassaman

Sassaman selbst äußerte sich zu Lebzeiten relativ kritisch zu Bitcoin. Dies könnte zwar Show gewesen sein, um von sich selbst abzulenken, tatsächlich wirkt es aber doch relativ authentisch.

Ich habe BitCoin nicht analysiert, aber der Eindruck mehrerer Experten für digitales Bargeld, mit denen ich gesprochen habe, ist, dass es Quatsch ist.
Len Sassaman am 07.12.2010

Dieser große Bitcoin-Raub zeigt, dass Bitcoin unter dem Schlimmsten beider Welten leidet: keine starke Anonymität, aber auch kein Schutz vor Missbrauchsumkehr.
Len Sassaman am 15.6.2011

Lüftet HBO das Geheimnis?

Insgesamt bietet die Theorie, dass Len Sassaman Satoshi Nakamoto sein könnte, natürlich interessante Anhaltspunkte. Sie bleibt jedoch aufgrund der bisher fehlenden konkreten Beweise und der Aussagen seiner Frau weiterhin umstritten. Die kommende HBO-Dokumentation wird sicherlich dazu beitragen, die Diskussion um die wahre Identität von Satoshi Nakamoto neu zu beleben - unabhängig davon, wer letztlich präsentiert wird. Die Enthüllung, ob Sassaman tatsächlich hinter dem Pseudonym steckt oder ob die Doku lediglich bereits bekannte Spekulationen wiederholt, bleibt abzuwarten. Am 8. Oktober soll die Dokumentation erstmals ausgestrahlt werden.

René

Über den Autor: René

René ist der Chefredakteur bei Blocktrainer.de und Mitarbeiter der ersten Stunde. In den vielen Jahren, in denen er im Bitcoin-Kosmos unterwegs ist, hat er sich ein breit gefächertes Know-how in sämtlichen Bereichen rund um die bedeutendste Kryptowährung angeeignet.

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