Das Konzept der Integration von Bitcoin-Mining-Anlagen auf Mülldeponien zur Reduzierung von Methanemissionen und Steigerung der Rentabilität der Deponie war in den letzten Monaten oft Bestandteil der Berichterstattung. Sie beschränkte sich jedoch auf die theoretischen Grundlagen, Finanzierungsmodelle und die ersten Versuche, wie zum Beispiel von den Unternehmen Nodal Power, Vespene Energy und DC Two

Wie Blocktrainer.de berichtete, haben die Unternehmen Nodal Power und Marathon Digital zusammen ein Pilotprojekt gestartet, mit dem auch praktische Zahlen zum Konzept geliefert werden sollten. Diese Zahlen haben sie nun in einer entsprechenden Studie bzw. als ersten Proof of Concept veröffentlicht.

Hintergrund der Studie

Für die Bekämpfung des Klimawandels und das Erreichen von Klimazielen ist es sinnvoll, insbesondere Methanemissionen, die bedeutend umweltschädlicher sind als Kohlenstoffdioxidemissionen, zu reduzieren. Mülldeponien sind für einen großen Teil der weltweiten Methanemissionen verantwortlich, Tendenz steigend. Große Anlagen können die Methanemissionen mithilfe von spezieller Technologie reduzieren und das Methan entweder in Strom oder in erneuerbares Erdgas (RNG) umwandeln, monetarisieren und über die entsprechende Infrastruktur verteilen. Derartige Methoden sind für kleinere oder weit abgelegene Deponien jedoch weder praktikabel noch wirtschaftlich.

Mit ihrem Pilotprojekt wollen Nodal Power und Marathon Digital beweisen, dass die direkte Nutzung des umgewandelten Stroms durch Bitcoin-Mining-Rechenzentren auf derartigen Anlagen eine mögliche Lösung darstellt, um Methanemissionen zu reduzieren und die Rentabilität der Deponien zu steigern.

Details zum Pilotprojekt

Die beiden Unternehmen betreiben zusammen eine 280-Kilowatt-Bitcoin-Mining-Anlage in Utah in den USA, die ausschließlich mit dem Strom aus Deponiegas betrieben wird. Die Studie startete am 27. September 2023 und umfasst zunächst den Zeitraum von 240 Tagen, also bis zum 24. Mai 2024. In der Bitcoin-Mining-Anlage sorgen 83 Mining-Geräte des Typs S19J Pro (von Bitmain) für eine Hashrate von 8,3 Petahashes pro Sekunde (PH/s).

Bei der Umwandlung des Deponiegases wird das Methangas zunächst aufgefangen und in eine Gasverdichtungs- und -aufbereitungsanlage geführt, in der das Gas entsprechend der erforderlichen Standards aufbereitet und unter Druck gesetzt wird. Dabei beeinflusst die Menge und Zusammensetzung der organischen Stoffe in der Deponie die Gasqualität und somit den Aufbereitungsprozess. In dem Fall der Anlage in Utah „enthielt das Deponiegas etwa 50 Prozent Methan, was eine vergleichsweise geringe Aufbereitung erforderlich machte“. Ein Hubkolbengenerator wandelt das behandelte Gas in Strom um, der dann direkt die Bitcoin-Mining-Rechenzentren antreibt.

Ergebnisse

Die Studie bietet verschiedene Berechnungsmodelle und liefert die Ergebnisse der ersten 240 Tage des Projektes. Dazu gehören die Methannutzung und -eindämmung, das verhinderte globale Erwärmungspotenzial (für den Zeitraum von 20 und 100 Jahren), der Wirkungsgrad und die Betriebszeit der Anlage sowie die finanziellen Vorteile für alle Beteiligten.

Zum besseren Verständnis sind in diesem Beitrag einige Größen vom imperialen ins metrische System umgerechnet, das heißt 1 Cubic Feet (SCF) = 0,0283168466 Kubikmeter; und 1 Pfund = 0,453592 Kilogramm.

Methannutzung und -eindämmung

Im Laufe der 240 Tage hat die Anlage schätzungsweise circa 456.000 Kubikmeter verbraucht, was einer täglichen Nutzungsrate von circa 237,86 Kubikmeter pro Petahash entspricht. Ohne die Umwandlung des Gases in den Strom für die Bitcoin-Mining-Anlage wäre das Gas abgefackelt worden. Dabei hätte sich das Methan zwar in Kohlendioxid umgewandelt und somit das Treibhauspotenzial reduziert, jedoch nur etwa um 92 Prozent, sodass die verbliebenen 8 Prozent des abgefackelten Methans in die Atmosphäre gelangt wären. Die Nutzung des Methans (ohne Abfackeln) für die Stromerzeugung mindert die Emissionen fast vollständig, um nahezu 100 Prozent. Dadurch wurden täglich zusätzlich etwas mehr als 19 Kubikmeter Methan pro Petahash eingedämmt, was auf die 240 Tage gerechnet insgesamt etwa 36.800 Kubikmeter entspricht.

Bedeutend weniger Auswirkungen auf die Umwelt

Umgerechnet in Kohlendioxid-Äquivalente (CO2e) entsprechen die 456.000 Kubikmeter genutztes Methangas einer verhinderten Freisetzung von knapp 27.624 Tonnen CO2e bei einem Zeitrahmen von 20 Jahren und mehr als 9200 Tonnen CO2e bei einem Zeitrahmen von 100 Jahren. Wenn man dies ins Verhältnis zu einem Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor setzt (der laut Environmental Protection Agency (EPA) jährlich etwa 4,17 Tonnen CO2e ausstößt), entspricht das eingedämmte globale Erwärmungspotenzial der Anlage während der 240 Tage 6.627 PKWs bei 20 Jahren und 2.209 PKWs bei 100 Jahren. 
Berücksichtigt man nur die 36.800 Kubikmeter Methan, die zusätzlich zum Abfackeln eingedämmt wurden, so hat die Anlage von Marathon und Nodal Power die Freisetzung von 2177 Tonnen CO2e (oder entsprechend 530 PKWs) bei 20 Jahren und etwa 726 Tonnen CO2e (oder 177 PKWs) bei 100 Jahren verhindert.

Wirkungsgrad und Betriebszeit

Zudem ist der Wirkungsgrad der Umwandlung des Generators von Nodal Power etwas höher als zum Beispiel bei einem durchschnittlichen Kohlekraftwerk (32 Prozent) oder einem Kernkraftwerk (33 Prozent). Der Generator produziert bis zu 10.000 BTU pro kWh, was einem Umwandlungswirkungsgrad von etwa 34 Prozent entspricht.
BTU (British thermal unit) ist die Beschreibung der Wärmeenergie, die benötigt wird, um ein Pfund Wasser um ein Grad Fahrenheit zu erwärmen, wobei 1 BTU circa 1055 Joule oder 0,000293 kWh entspricht. Die Einheit wird oft verwendet, um die Leistung von Generatoren (pro Stunde) zu beschreiben.

Die günstige Zusammensetzung und Menge des Abfalls der Anlage führte zu einem konstanten Methanstrom, der eine Betriebszeit von 92 Prozent ermöglichte und zum Erfolg des Projektes beitrug. Der Branchendurchschnitt liegt bei 85 Prozent und basiert auf der durchschnittlichen Bitcoin-Hashrate einer Anlage. Die Ausfallzeiten der Anlage in Utah beruhten nicht auf der mangelnden Verfügbarkeit des Gases, sondern auf Wartungsarbeiten.

Finanzielle Vorteile für alle Beteiligten

Nodals Kraftwerk erzeugt Strom zu einem Preis von 0,03 US-Dollar pro kWh. Laut der Studie entspricht dieser Preis weniger als die Hälfte des Durchschnittspreises der Branche von 0,08 US-Dollar pro kWh und schließt sogar die Betriebs- und Wartungskosten mit ein. Allein durch die Stromkosten ergaben sich finanzielle Vorteile für alle Beteiligten.

Während Nodal und Marathon durch den Strompreis in der Lage waren, günstiger Bitcoin-Mining zu betreiben als der Durchschnitt der Branche und dabei noch eine hohe Betriebszeit erzielten, konnte der Deponiebetreiber durch den Verkauf des Stroms Einnahmen generieren, die er beim Abfackeln des Methans nicht gehabt hätte. Das zuvor unrentable Nebenprodukt wurde nicht weiter verschwendet (und damit die Umwelt belastet), sondern zu einer zusätzlichen Einnahmequelle. Marathon und Nodal haben während der 240 Tage circa 1,4 Millionen kWh Strom verbraucht, sodass der Betreiber 42.000 US-Dollar zusätzliche Einnahmen verzeichnete.

Zudem erhalten viele Standorte Gutschriften für die eingesparten Emissionen oder die erneuerbaren Energien, die die finanziellen Vorteile noch deutlicher gesteigert hätten. Die spezielle Anlage hat sich für diese zusätzlichen finanziellen Anreize jedoch nicht qualifiziert, obwohl sich ähnliche Standorte qualifiziert hatten.

Fazit

Mit diesem Pilotprojekt haben Nodal Power und Marathon Digital ein Proof of Concept geliefert, mit dem die Durchführbarkeit und Rentabilität des Konzepts belegt wurden. Die Unternehmen haben nachgewiesen, dass der Einsatz von Bitcoin-Mining-Anlagen auf Mülldeponien eine Möglichkeit bietet, die Methanemissionen der Deponie entscheidend zu reduzieren und dabei eine zusätzliche Einnahmequelle zu generieren. Dabei ist die produktive Nutzung des Methangases für das Bitcoin-Mining durch die finanziellen Anreize nicht nur eine wirtschaftlich sinnvolle Option, sondern gleichzeitig auch der Katalysator für die effektive Reduzierung der Emissionen. Ohne die Umwandlung des Methangases in Strom für das Bitcoin-Mining hätte es die ökologischen und wirtschaftlichen Vorteile für alle Beteiligten nicht gegeben. Es ist tatsächlich eine Win-Win-Situation für die beteiligten Unternehmen, die Umwelt und schließlich die Gesellschaft.

Zudem können die Techniken nicht nur Betreiber von Mülldeponien inspirieren, sondern auch andere Branchen, die ungenutzte Energiequellen erschließen und sie in ein nachhaltiges, monetäres Gut umwandeln wollen.

Mit der Studie zur Mülldeponie in Utah wird deutlich, dass Bitcoin die Welt nicht nur als Spartechnologie zum Positiven verändern kann, sondern auch als wichtiges Mittel zur Reduzierung von Emissionen. Oder in den Worten des Umweltaktivisten Daniel Batten: „Umso mehr Energie Bitcoin verbraucht, desto besser ist es für die Umwelt.“

Über den Autor: Stefan

Stefan ist studierter Medienwissenschaftler und Sinologe sowie selbstständig im künstlerisch-publizistischen Bereich. Neben den monetären Eigenschaften interessiert er sich vor allem für die sozialen und ökologischen Aspekte von Bitcoin und dem Bitcoin-Mining.

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