Die Federal Reserve (Fed) hat den Leitzins heute zum siebten Mal in Folge in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent belassen – dies war bereits erwartet. Der Markt erwartete dafür mit Spannung die im Rahmen des Dot Plot gegebene Aussicht auf künftige Zinsschritte der Geldhüter und die Pressekonferenz von Fed-Chef Jerome Powell. 

Die Mitglieder des Federal Open Market Committee (FOMC) stellten im Median nur noch eine Zinssenkung in diesem Jahr in Aussicht und sorgten damit für einen kleinen Dämpfer an den Märkten.

Der Bitcoin-Kurs korrigierte leicht in Reaktion auf die Notenbanktagung und gab damit die Kursgewinne nach den besser als erwarteten Inflationszahlen für den Mai, die ebenfalls heute gemeldet wurden, wieder ab.

Worauf die Märkte geachtet haben

Vor der Notenbanktagung lag die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Geldhüter den Leitzins unverändert lassen, bei fast 100 Prozent. Entsprechend war die Meldung, dass es genau so kam, keine Überraschung – auch wenn die heute gemeldeten Inflationsdaten, die auf breiter Front besser als erwartet ausgefallen sind, laut Jerome Powell bei der Entscheidung Berücksichtigung fanden. 

Der Fokus der Märkte lag bei dem heutigen FOMC-Meeting auf dem sogenannten Dot Plot, der die von den einzelnen FOMC-Mitgliedern prognostizierten Zinssätze für die Zukunft abbildet. Den Dot Plot veröffentlichen die Geldhüter immer alle drei Monate, also bei der Notenbanktagung im September, Dezember, März und Juni.

Dot Plot sorgt für leichte Enttäuschung

Der im Rahmen der Notenbanktagung im März veröffentlichte Dot Plot signalisierte drei Zinssenkungen noch in diesem Jahr. Jetzt stellten die Geldhüter jedoch weniger Zinssenkungen in Aussicht. Vier FOMC-Mitglieder prognostizierten keine Zinssenkung, sieben prognostizierten eine und acht zwei. Im Median liegt die Prognose entsprechend bei lediglich einer Zinssenkung in diesem Jahr.

Doch da die US-Inflation sich in den vergangenen Monaten bereits als etwas hartnäckiger entpuppte und der Markt schon nur noch eine bis zwei Zinssenkungen eingepreist hat, hielt sich die negative Überraschung in Grenzen.

Aber auch der langfristige Ausblick ist etwas pessimistischer. Während im März der prognostizierte Langfristzins im Median noch bei 2,6 Prozent lag, waren es jetzt 2,8 Prozent.

Pressekonferenz nicht bullisch genug

In der Pressekonferenz sagte Jerome Powell zu den heute gemeldeten Inflationsdaten, dass diese zwar „ein Schritt in die richtige Richtung“ seien, aber dass ein einziger Datenpunkt nicht überinterpretiert werden sollte. Damit unterstrich der Fed-Chef, dass dies noch nicht ganz ausreicht, um zuversichtlich genug zu sein, dass die Inflation zeitnah in Richtung des 2-%-Ziels zurücklaufen wird. Womöglich hat diese Interpretation die Märkte leicht enttäuscht.

Zinssenkungen werden zum Politikum

Obwohl die aktuelle Inflationsrate in den USA mit 3,3 Prozent deutlich über dem 2-%-Ziel liegt, wächst der Druck für Zinssenkungen. So versuchten am Montag dieser Woche Elizabeth Warren und zwei weitere demokratische Senatoren den Fed-Chef dazu zu drängen, die Zinsen zu senken. 

Sie haben die Zinssätze zu lange zu hoch gehalten: Es ist an der Zeit, sie zu senken.
Aus dem offenen Brief

Die Begründung dahinter war, dass unter den immer noch verhältnismäßig hohen Zinsen die arbeitende Bevölkerung leide und dadurch eine Rezession provoziert werde. Auch stellten die Senatoren heraus, dass hohe Zinsen die Kosten für Wohnungen und Versicherungen anheizen und somit die Inflation befeuern würden. 

Aufgrund der US-Präsidentschaftswahl im November liegt den Demokraten viel daran, dass die Wirtschaft gut läuft und eine Rezession vermieden wird. Das Dilemma dabei ist jedoch, dass auch hohe Inflationszahlen bei der Bevölkerung durchaus unbeliebt sind.

Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Canada (BoC) haben schon die Zinsen um jeweils 25 Basispunkte gesenkt, obwohl die Inflation im Euro-Raum und in Kanada ebenfalls über dem Zielwert liegt –  bei 2,6 beziehungsweise 2,7 Prozent. 

Zinssenkungen werden kommen

Wie der Markt derzeit annimmt und auch die Fed signalisiert, sollte in absehbarer Zeit der Leitzins der relevantesten Währung der Welt gesenkt werden. Vermutlich schon bei der Notenbanktagung im September, der Letzten vor der Präsidentschaftswahl im November.

Mit einer Zinssenkung im September, die der Markt derzeit immer noch mit einer Wahrscheinlichkeit von über 60 Prozent einpreist, würde die Fed den Demokraten unter die Arme greifen. Es ist nämlich auch im Eigeninteresse der Geldhüter, den Republikaner Donald Trump als Präsidenten zu verhindern, da dieser bereits ankündigte, die Notenbank neu besetzen zu wollen.

Der ehemalige Präsident hat aber in der Vergangenheit ebenfalls oft niedrigere Zinsen gefordert, weswegen unter seiner Präsidentschaft auch mit einer sehr lockeren Geldpolitik zu rechnen ist. Unter anderem deshalb prognostizieren einige Ökonomen, dass die Inflation unter Trump deutlich an Fahrt aufnehmen könnte – sogar von einer Hyperinflation ist in diesem Kontext die Rede.

Es hat noch nie ein Präsidentschaftsprogramm gegeben, das so offensichtlich inflationär war wie das von Präsident Trump. Ich habe kaum Zweifel daran, dass wir mit dem Trump-Programm eine erhebliche Beschleunigung der Inflation erleben werden, es sei denn, wir bekommen vorher eine größere Rezession.
Larry Summers, renommierter Ökonom in einem Interview mit The Atlantic

Wie sich die Inflation und die Geldpolitik der relevantesten Volkswirtschaft in den kommenden Monaten entwickeln wird, bleibt spannend zu beobachten. Momentan ist nicht die Frage ob, sondern lediglich wann die US-Notenbank wieder die Zinsen senken wird.

Obwohl die Fed den Leitzins noch nicht gesenkt hat und weiterhin ihre Bilanz abbaut, steigt die umlaufende US-Dollar-Geldmenge bereits wieder an. Da bei niedrigeren Zinsen die Anreize steigen, Kredite zu nehmen, und durch Kredite in einem Fiatgeldsystem neues Geld entsteht, steht aller Anschein nach die große Steigerung der M2-Geldmenge erst noch bevor.

Bitcoin dürfte mittel- und langfristig von einer lockereren Geldpolitik der USA deutlich profitieren, da kaum ein Asset eine so hohe Korrelation mit der US-Dollar-Geldmenge aufweist wie Bitcoin.

Über den Autor: Tristan

Tristan ist studierter Volkswirt mit journalistischer Erfahrung außerhalb von Blocktrainer.de. Seit 2020 ist Tristan im Bitcoin-Space aktiv, schon in den Jahren zuvor beschäftigte er sich mit libertärer Wirtschaftstheorie.

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