Die US-Inflation für den Mai ist auf breiter Front niedriger ausgefallen als angenommen. Die Konsumgüterpreise stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozent – 3,4 Prozent wurden erwartet. Gegenüber dem Vormonat gab es erstmals seit Juni 2022 keine Preissteigerungen – der Markt ging von einer Zunahme um 0,1 Prozent aus. 

Die Kerninflation – also die Inflationsrate ohne die volatileren Energie- und Nahrungsmittelpreise – lag ebenfalls jeweils 10 Basispunkte unter den Erwartungen. Gegenüber dem Vormonat stieg sie um 0,2 und gegenüber dem Vorjahr um 3,4 Prozent an.

Auch wenn die Inflationsrate tendenziell rückläufig ist, bedeutet dies nicht, dass die Preise wieder fallen. Gegenüber dem Vorjahr sind diese nämlich – wie die aktuelle Inflationsrate von 3,3 Prozent ausdrückt – weiter gestiegen. Und selbst gegenüber dem Vormonat steigt das Preisniveau weiter an. Die starke Verteuerung von Waren und Dienstleistungen des Alltags in den vergangenen Jahren werden damit weder abgefedert noch nehmen sie ein Ende, auch wenn ausnahmsweise mal keine Verteuerung gegenüber dem Vormonat gemeldet wurde.

Bitcoin steigt in Reaktion auf die Inflationsdaten

An den Kapitalmärkten sorgte diese Meldung für ein kleines Kursfeuerwerk. Der Bitcoin-Kurs stieg in Reaktion auf die niedriger als erwarteten Daten um 2,5 Prozent an. Damit konnte BTC die starken Kursverluste vom gestrigen Handelstag wieder komplett wettmachen. 

Inflationsziel dennoch in weiter Ferne

Mit einer aktuellen Inflationsrate von 3,3 ist das Inflationsziel von 2 Prozent jedoch noch in weiter Ferne. Dennoch preisen die Märkte in diesem Jahr noch eine bis zwei Zinssenkungen der US-Notenbank ein. Heute Abend entscheidet die Federal Reserve über den Leitzins der USA, doch mit einer Wahrscheinlichkeit von über 99 Prozent wird dieser heute noch in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent belassen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Canada (BoC) haben derweil schon die erste Zinssenkung vollzogen – und das bei Inflationsraten in dem jeweiligen Währungsraum von 2,6 beziehungsweise 2,7 Prozent. Obwohl der Leitzins im Euro-Raum und in Kanada nur leicht gesenkt wurde und damit das geldpolitische Umfeld immer noch verhältnismäßig restriktiv ist, deutet dies darauf hin, dass der Toleranzbereich bezüglich der Inflation leicht nach oben angepasst wurde.

Politischer Druck für Zinssenkungen

Dass andere Zentralbanken bereits die Zinsen wieder senken, nahmen Elizabeth Warren und zwei weitere demokratische Senatoren jüngst zum Anlass, den Chef der Federal Reserve zu Zinssenkungen zu drängen. In dem offenen Brief an Jerome Powell schreiben sie, dass die hohen Zinssätze die Wohnungs- und Versicherungskosten in die Höhe treiben, die arbeitenden Amerikaner weiter belasten und eine Rezession inklusive Arbeitslosigkeit riskieren.

Sie haben die Zinssätze zu lange zu hoch gehalten: Es ist an der Zeit, sie zu senken.
Aus dem offenen Brief

Der politische Druck bezüglich Zinssenkungen nimmt zu. Insbesondere im Angesicht der im November anstehenden Präsidentschaftswahl dürfte der derzeitigen demokratischen Regierung viel daran liegen, dass die Wirtschaft gut läuft. Eine restriktive Geldpolitik ist dabei unerwünscht, auch wenn zu hohe Inflationszahlen ebenfalls den Unmut in der Bevölkerung befeuern. 

Aber auch Ex-Präsident Trump ist ein Befürworter von niedrigen Zinsen. Sollte der Republikaner ins Weiße Haus gewählt werden, so könnte dies ebenfalls zu einer lockereren Geldpolitik führen. 

Die etwas niedrigeren Inflationsdaten für den Mai dürften der Federal Reserve den nötigen Raum geben, schon bald ebenfalls die erste Zinssenkung zu vollziehen – davon gehen zumindest die Märkte aus. Denn unmittelbar nach den Inflationsdaten ist die Wahrscheinlichkeit für die erste Zinssenkung im September von 47 Prozent auf über 60 Prozent gestiegen. Dass die Notenbank den Leitzins in diesem Jahr insgesamt noch zweimal senkt, ist nun auch die Basisannahme.

Es bleibt spannend abzuwarten, wie sich die Inflationsdaten und die Geldpolitik der relevantesten Volkswirtschaft in den kommenden Monaten weiter entwickeln und was heute Abend die US-amerikanischen Geldhüter in dieser Hinsicht signalisieren werden. Für den Bitcoin-Preis ist dies alles von großer Relevanz, da das Asset sehr sensibel auf die Geldpolitik der USA reagiert.

Über den Autor: Tristan

Tristan ist studierter Volkswirt mit journalistischer Erfahrung außerhalb von Blocktrainer.de. Seit 2020 ist Tristan im Bitcoin-Space aktiv, schon in den Jahren zuvor beschäftigte er sich mit libertärer Wirtschaftstheorie.

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