Mit einem starken Fokus auf Privatsphäre hat sich das Schweizer Unternehmen Proton als E-Mail-Anbieter einen Namen gemacht. Mittlerweile bietet der Dienstleister für seine viele Millionen Nutzer neben verschlüsselten E-Mails auch einen VPN-Service, Kalender, Cloud-Speicher sowie einen Passwort-Manager an.

Doch damit nicht genug: Mit der neuen Proton Wallet reiht sich nun eine Bitcoin-only-Wallet in das Angebot ein, die neben den erwartbaren Wallet-Funktionen auch einige Besonderheiten wie das Versenden von Bitcoin an andere Proton-Adressen mit sich bringt. Proton selbst soll dabei keinen Zugriff auf die Schlüssel der Open-Source-Wallet haben, da diese auf Nutzerseite Ende-zu-Ende verschlüsselt werden, ähnlich wie auch mit regulären E-Mails bei der Nutzung von Proton Mail.

Heute starten wir Proton Wallet, eine Open-Source, E2E-verschlüsselte und non-custodial #Bitcoin-Wallet.

Mit Funktionen wie Bitcoin via E-Mail hoffen wir, eine sicherere und einfachere Möglichkeit für Bitcoin-Einsteiger zu bieten, um loszulegen.

Erfahre mehr und erhalte frühzeitigen Zugriff: http://proton.me/wallet
@ProtonWallet auf X

Proton und Bitcoin

Bitcoin ist für das Schweizer Start-up schon in der Vergangenheit kein Fremdwort gewesen. Seit langer Zeit konnte das zahlungspflichtige Abonnement mit Bitcoin bezahlt werden und im Jahr 2021 teilte Proton sogar auf Twitter mit, einen signifikanten Anteil ihrer Reserven in Bitcoin zu halten. Zusammen mit dem Start der Wallet selbst veröffentlichte das Unternehmen außerdem umfangreiche Blog-Artikel über das Sicherheitsmodell der Wallet sowie aufbereitete Lernmaterialien rund um das Thema Bitcoin und verschafft sich damit einen guten Eindruck in der Community.

Auf die Befürchtung eines Nutzers auf der Plattform 𝕏, dass wahrscheinlich bald eine Unterstützung für Altcoins folgen würde, reagierte der offizielle Account prompt mit den Worten "wir sind nicht an Shitcoins interessiert".

Eine Hot-Wallet in der Cloud?

Bei der Proton Wallet handelt es sich zunächst nicht nur um eine gewöhnliche Hot-Wallet, also eine Wallet, bei der die privaten Schlüssel potenziellen Kontakt zum Internet haben. Durch die Verknüpfung mit dem eigenen Proton-Account hat man jederzeit über einen Browser Zugriff auf seine Bitcoin, was im Umkehrschluss natürlich auch bedeutet, dass die Schlüssel in irgendeiner Form online auf den Servern von Proton gespeichert werden müssen.

Damit der Nutzer die alleinige Kontrolle über seine Schlüssel nicht aufgeben muss, werden diese – ähnlich wie auch andere Daten, die man mit Diensten von Proton nutzt – nur Ende-zu-Ende verschlüsselt übertragen und gespeichert. Proton kann diese also nicht direkt einsehen. Natürlich ist eine solche Wallet nichts für große Vermögensbeträge – hier sollte man stets zu einer Hardware-Wallet greifen. Doch für kleinere Beträge und natürlich, um als Proton-Nutzer einfach mal eine Bitcoin-Wallet auszuprobieren, ein völlig legitimer Ansatz.

Darüber hinaus wurde bereits bestätigt, dass an einer Integration für Hardware-Wallets gearbeitet wird. Ob dafür das standardisierte HWI (Hardware Wallet Interface) genutzt wird oder Proton eine exklusive Partnerschaft eingehen wird, ist noch unklar.

Wann BitBox02 Unterstützung?
@jokoono auf 𝕏

Eine Hardware-Wallet Integration kommt! […]
@ProtonWallet auf 𝕏

Denn durch die Verknüpfung mit dem Proton-Account kommt auch eine Verknüpfung mit Proton Mail zustande, dem wohl wichtigsten Dienst des Unternehmens. Nutzer der Proton Wallet können nämlich Transaktionen an andere Nutzer über deren E-Mail-Adresse senden beziehungsweise selbst mit der eigenen E-Mail-Adresse Bitcoin empfangen. Im Hintergrund stellt die Proton Wallet dafür einfach normale Bitcoin-Adressen bereit, aber eben ohne, dass der Nutzer sich selbst darum kümmern muss. Eine innovative Funktion, die es von der Grundidee her aber auch bereits in Form des BIP-353 Standards gibt.

Solange sowohl der Absender als auch der Empfänger eine Proton Wallet haben, benötigst du nur die E-Mail-Adresse des Empfängers, um ihm Bitcoin zu senden. Das bedeutet auch, dass du, wenn du einer der Millionen von Menschen bist, die eine Proton Mail E-Mail-Adresse haben, jetzt automatisch Bitcoin mit deiner E-Mail-Adresse empfangen kannst.
Aus der Ankündigung von Proton

Vielversprechende Zukunft?

Warf man heute Mittag noch einen Blick auf das GitHub-Repository der Proton Wallet, sprangen einem schnell die Begriffe "Lightning" und "CoinJoin" in die Augen, was mittlerweile aus der Übersicht wieder entfernt wurde. Die beiden Themen scheinen aber zumindest auf dem Radar der Entwickler zu sein und könnten in Zukunft für spannende Erweiterungen der Wallet sorgen.

Vor allem nach der Abschaltung der beiden beliebten CoinJoin-Koordinatoren von zkSNACKs und Samourai Wallet, wäre ein großer neuer Koordinator mit Sitz in der Schweiz sicherlich für viele, die Wert auf Privatsphäre legen, ein wichtiger Schritt, auch wenn die Wahrscheinlichkeit hierfür aktuell schwer zu beurteilen ist.

Zusammen mit der Hardware-Wallet-Integration und weiteren Wallet-Funktionen gibt es also noch viel Entwicklungspotenzial. Für den Moment lässt sich festhalten, dass der potenzielle Einstieg in die Nutzung einer Bitcoin-Wallet für über hundert Millionen Proton-Nutzer um einiges leichter geworden ist!

Sebastian

Über den Autor: Sebastian

Sebastian ist Informatikstudent und seit 2020 von der Funktionsweise und den technischen Details des Bitcoin-Netzwerks fasziniert. Mit Schwerpunkten in Kryptografie und IT-Sicherheit interessiert er sich vor allem für Hardware-Wallets und die sichere Selbstverwahrung von Bitcoin.

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