In den vergangenen Monaten hat sich der regulatorische Wind in den USA in Richtung eines Krypto-freundlicheren Ansatzes gedreht. Nun gibt es weitere Entwicklungen in dieser Hinsicht und es machen sich Sorgen in der Bitcoin-Community breit, dass manche Vorhaben das Umfeld für Bitcoin verschlechtern könnten. Was genau tut sich momentan in den USA?

H.J. Resolution 109

Für sehr viel Aufsehen hat die H.J. Resolution 109 gesorgt. Diese sollte die Regelung SAB 121 der Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde aufheben, welche die Banken dazu verpflichtet, Eigenkapital in Höhe der verwahrten Krypto-Assets vorzuhalten. Die Resolution hätte somit effektiv dafür gesorgt, dass zunehmend auch traditionelle Banken als Dienstleister in den Bitcoin- beziehungsweise Krypto-Markt vordringen könnten.

Das Repräsentantenhaus und der Senat stimmten für die H.J. Resolution 109, doch Präsident Joe Biden legte seine bereits vorher angekündigtes Veto ein. Seine Begründung war, dass die Umkehrung des „wohlüberlegten“ Urteils der SEC-Mitarbeiter die Gefahr berge, „dass die umfassenderen Befugnisse der SEC in Bezug auf Rechnungslegungspraktiken untergraben werden“ und die Maßnahme das „Wohlergehen von Verbrauchern und Investoren gefährden“ würde.

Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat wäre es möglich gewesen, Biden zu überstimmen und die Resolution trotz Veto rechtskräftig zu machen. Gestern scheiterte jedoch dieses Vorhaben. Im Repräsentantenhaus stimmten wie auch in der ersten Runde 228 Abgeordnete dafür, aber 290 Stimmen wären nötig gewesen.

Obwohl die Resolution scheiterte, ist es bemerkenswert, wie viel Rückhalt sie in der Politik bekommen hat. Selbst einige der tendenziell eher Bitcoin gegenüber feindlich eingestellten Demokraten machten sich dafür stark und sogar die Bankenlobby forderte Biden auf, das Veto nicht einzulegen.

Es etablierten Finanzinstituten zu erleichtern, Krypto-Verwahrdienstleistungen anzubieten, ist aus einer Pro-Bitcoin-Sicht auch wünschenswert. Bitcoin ermöglicht es einem zwar seine eigene Bank zu sein, doch es wird immer Menschen geben, die ihre Coins lieber von seriösen Instituten verwahrt haben wollen. Und hierbei ist es von Vorteil, wenn nicht nur wenige Unternehmen diese Dienstleistung anbieten können, sondern auch die vielen Banken aus den USA. 

Tatsächlich hat jetzt auch die SEC selbst eingelenkt und SAB 121 so gesehen ein wenig gelockert. Laut einem Bericht von Bloomberg Tax hat die Aufsichtsbehörde Möglichkeiten eröffnet, damit Banken unter Umständen die Krypto-Bestände ihrer Kunden nicht mehr in der eigenen Bilanz ausweisen müssen. Laut der Quelle von Bloomberg dürfen mehrere große Banken, die seit vergangenem Jahr im engen Kontakt mit den SEC-Mitarbeitern stehen, die Bilanzierungsrichtlinie umgehen, wenn sie sicherstellen, dass die Krypto-Assets der Kunden im Falle einer Pleite der Bank geschützt sind.

FIT21

Mit FIT21 gibt es noch einen weiteren Pro-Krypto-Vorstoß in der US-Politik. Hierbei geht es darum, regulatorische Zuständigkeiten für den Krypto-Markt teilweise von der SEC an die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) zu übertragen. Das Repräsentantenhaus stimmte bereits mit überwiegender Mehrheit für diesen Gesetzentwurf – Blocktrainer.de berichtete. Die Abstimmung im Senat steht noch aus, bei einem dortigen Durchkommen müsste Joe Biden noch unterzeichnen – ein Veto kündigte der Präsident bisher nicht an.

Generell gilt die SEC als Krypto-feindlich, weswegen die Zustimmung in der Krypto-Community für FIT21 eher hoch ist. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die CFTC die Kryptowährungen reguliert, die als „Commodities“, also Waren beziehungsweise Rohstoffe, klassifiziert sind. Die Regulierungsbehörde hatte bei dieser Klassifizierung schon seit langer Zeit einen eher liberaleren Ansatz. Beispielsweise war sich die CFTC schon seit Jahren sicher, dass neben Bitcoin auch die zweitgrößte Kryptowährung Ethereum einen Rohstoff darstellt, während SEC-Chef Gary Gensler dies augenscheinlich noch diametral anders sah.

Bisher reguliert die CFTC den Futures-Markt von Rohstoffen – unter anderem den von Bitcoin und Ethereum. Sie schaltet sich aber trotzdem ein, wenn Betrügereien rund um Bitcoin und Co. stattfinden. Wenn es nach der CFTC geht, dann würde sie gerne auch den Spot-Markt von den „Rohstoff-Kryptowährungen“ überwachen, bei dem es noch keine staatliche Aufsicht gibt. Dies ging aus einer Anhörung des Landwirtschaftsausschusses des Senats zur Aufsicht über digitale Rohstoffe am Mittwoch dieser Woche hervor.

Was mich am meisten an der Expansion dieser digitalen Anlageklasse beunruhigt hat, ist die Tatsache, dass der amerikanische Normalbürger einem Betrug mit digitalen Vermögenswerten nach dem anderen zum Opfer fällt, ohne dass der Gesetzgeber dagegen vorgeht. [...] Ich glaube, das Wichtigste, was ich getan habe und weiterhin tun werde, ist, mich bei diesem Gremium dafür einzusetzen, dass die Regulierungslücke geschlossen wird. [...] Diese Lücke für Non-Security-Token macht gemessen an der Marktkapitalisierung weiterhin einen Großteil des Marktes für digitale Vermögenswerte aus. In dem Maße, wie sich der Markt für digitale Vermögenswerte weiter in die traditionellen Finanzinstitute integriert, werden die Bedenken hinsichtlich der allgemeinen Marktstabilität und vielleicht sogar der Finanzstabilität zunehmen. Kurz gesagt: Unser derzeitiger Kurs ist nicht nachhaltig.
CFTC-Chef Rostin Behnam bei der Anhörung

Die CFTC würde sich unter anderem wünschen, dass sich Krypto-Exchanges direkt bei ihr registrieren müssen. In der Anhörung wurde zudem deutlich, dass die CFTC beklagt, dass fast die Hälfte ihrer Ressourcen für den Krypto-Markt aufgebraucht werden, aber sie diesen selbst nicht regulieren darf, sondern nur dann einschreiten kann, wenn es bereits Geschädigte gibt. 

Sollte die CFTC den Rohstoff-Teil des Krypto-Marktes überwachen, der laut aktueller Definition rund 70 bis 80 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung ausmacht, dann braucht diese laut eigenen Angaben zusätzliche Ressourcen. Die Behörde betonte zwar stets, es gehe ihr nicht darum, den Markt zu überregulieren, sondern Innovation zuzulassen. Doch in der Bitcoin-Community macht sich derweil zunehmend die Sorge breit, dass eine Aufsicht der CFTC zu großen Problemen und einer nachteiligen Regulierung führen würde.

Dieser Ausschuss drängt darauf, der CFTC die Aufsicht über die Bitcoin-Spot-Märkte zu übertragen, was eine noch nie dagewesene Ausweitung der CFTC-Befugnisse auf den Kleinanlegerhandel mit Rohstoffen bedeutet, während sie in der Vergangenheit ausschließlich für die Märkte für Rohstoffderivate zuständig war. Wenn die CFTC diese Ausweitung der Befugnisse gewährt wird, würde das bedeuten, dass sie wahrscheinlich von jedem Bitcoin-Unternehmen verlangen wird, sich bei der Bundesregierung zu registrieren und erweiterte KYC/AML-Anforderungen zu erfüllen. Um es klar zu sagen: Dies wird nicht nur Börsen betreffen, sondern jedes Unternehmen, das mit Spot-Bitcoin zu tun hat. Diese Bemühungen werden auf der Krypto-Seite durch die Lobbyarbeit von Kraken, Coinbase und Ripple vorangetrieben. Das ist nicht überraschen, da dies ihnen wahrscheinlich ermöglichen würde, auf triviale Weise regulatorische Gräben zu errichten. [...] Wir brauchen weniger Regulierung, nicht mehr.
Marty Bent, Gründer einer Bitcoin-Medien-Firma auf 𝕏

Der CFTC-Chef Ronstin Behnam zeigte sich in der Anhörung zudem nicht abgeneigt, Daten zu dem Energieverbrauch von Kryptowährungen einzufordern, wie es sich in der Europäischen Union im Rahmen von MiCAR ebenfalls anbahnt.

Krypto-Industrie nutzt die derzeitige Situation aus

Donald Trump setzt derzeit in seinem Wahlkampf auf Bitcoin und der 78-Jährige kann allem Anschein nach zwischen dem relevantesten Krypto-Asset und den tausenden anderen Kryptowährungen differenzieren. Während der wahrscheinlich nächste US-Präsident sich von David Bailey von dem Pro-Bitcoin-Medium Bitcoin Magazine beraten lässt und sogar auf der von ihnen organisierten größten Bitcoin-Konferenz auftreten wird, nähern sich auch die Demokraten der Thematik – dies jedoch etwas holprig. 

Anita Dunn, die leitende Beraterin von Präsident Joe Biden, nahm am Mittwoch an einer Gesprächsrunde mit hochrangigen Personen aus der Krypto-Industrie teil. Dieser „Roundtable“, in dem es darum gehen sollte, die Innovation von Bitcoin und Blockchain in den USA zu behalten, sieht im Nachhinein jedoch eher nach Lobbyarbeit von der Krypto-Industrie aus. 

Das geht aus der Teilnehmerliste hervor. Beispielsweise war Brad Garlinghouse, der CEO von Ripple Labs, dem Unternehmen hinter der Kryptowährung XRP, dabei. Ripple Labs hat sich in der Vergangenheit bereits mit Greenpeace USA zusammengetan, um Bitcoin aufgrund des Energieverbrauchs schlechtzureden. Anwesend war auch Mike Novogratz, der CEO der Krypto-Investment-Firma Galaxy Digital. Novogratz machte im Jahr 2022 damit auf sich aufmerksam, als er sich ein Tattoo zur Kryptowährung Luna gestochen hat, nicht lange, bevor diese in sich zusammengefallen ist.

Generell war die SEC vielen Krypto-Firmen ein Dorn im Auge, da sie ihre Kryptowährungen als nicht registrierte Wertpapiere einordnen wollte. Dies hätte Strafen mit sich gezogen, da die Emission von Wertpapieren normalerweise gewisse Berichtspflichten mit sich bringt. Auch die Krypto-Exchanges sprachen sich gegen die Klassifizierung einiger Kryptowährungen als Wertpapiere aus, was wohl daran liegt, dass sie den durchaus lukrativen Handel mit einer Vielzahl an Coins im Mindesten hätten einstellen müssen.

Bei dem besagten Treffen hinter geschlossenen Türen sollen Vertreter der Krypto-Industrie Anita Dunn für den Umgang der Demokraten mit Kryptowährungen angegangen sein. „Ihr seid scheiße in Sachen Krypto“, soll ein Teilnehmer zu Dunn in einem Austausch, der von FOX Business als „respektvoll, aber unverblümt“ beschrieben wurde, gesagt haben. 

Verschlechtert sich die regulatorische Situation?

Die regulatorische Handhabung bezüglich Bitcoin ist in den USA momentan bereits durchaus wohlwollend. Im Gegensatz zu Europa gibt es dort seit Januar dieses Jahres Bitcoin-Spot-ETFs zu kaufen und auch Unternehmen ist es mittlerweile erlaubt, ihre Bitcoin in der Bilanz zum fairen Wert auszuweisen.

Was noch fehlt und durchaus weiteres Potenzial des Assets entfalten könnte, wäre, wenn SAB 121 endgültig gekippt wird, sodass es für Banken leichter wird, Bitcoin für ihre Kunden zu verwahren und so in den Markt vorzudringen. Sollte Donald Trump Präsident werden, so stehen die Chancen gut, dass SAB 121 alsbald der Vergangenheit angehört.

Hinzu kommt, dass noch keine Futures auf Basis der Bitcoin-Spot-ETFs gehandelt und Bitcoin nicht direkt gegen Spot-ETF-Anteile umgewandelt werden dürfen. Michael Saylor, der Gründer von der auf Bitcoin setzenden Aktiengesellschaft MicroStrategy, spricht in dem Kontext von einer „minimalistischen Akzeptanz“ von Bitcoin.

Der Druck auf die Politik und die Regulierungsbehörden hat in den vergangenen Wochen und Monaten doch allem Anschein nach so sehr zugenommen, dass im Rahmen des bevorstehenden starken Richtungswechsels auch die Gefahr besteht, über das Ziel hinauszuschießen. Beispielsweise ist so die offensichtlich nicht dezentrale Kryptowährung Ethereum ebenfalls als Rohstoff klassifiziert und die SEC hat ETH-Spot-ETFs zugelassen, wodurch es der Allgemeinheit schwieriger gemacht wird, den fundamentalen Unterschied zu Bitcoin zu erkennen.

Bei dem plötzlichen Pro-Krypto-Kurs der generellen US-amerikanischen Politik scheinen zudem Krypto-Firmen, die nicht selten gegen Bitcoin arbeiten, Einfluss geltend zu machen. Ob die potenziell bevorstehende Aufsicht der CFTC über den Spot-Bitcoin-Markt wirklich zu großen Problemen hinsichtlich einer zu strikteren Regulatorik und weitreichenden Registrierungspflichten führen wird, gilt es noch abzuwarten. Einerseits ist FIT21 bislang nicht verabschiedet und andererseits planen Trumps Team und die Republikaner laut ihres Parteiprogramm-Entwurfes ausdrücklich, die Privatsphäre bei digitalen Assets zu schützen. 

Es gilt, die Situation weiterhin zu beobachten und darauf aufmerksam zu machen, dass durch vermeintliche „Pro-Bitcoin-Gesetze“ und einen vorschnellen Richtungswechsel in der Regulierung auch der Bitcoin-Adoption Steine in den Weg gelegt werden können. 

Tristan

Über den Autor: Tristan

Tristan ist studierter Volkswirt mit journalistischer Erfahrung außerhalb von Blocktrainer.de. Seit 2020 ist Tristan im Bitcoin-Space aktiv, schon in den Jahren zuvor beschäftigte er sich mit libertärer Wirtschaftstheorie.

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