Bitcoin rückt als Thema zunehmend in die Mitte der Gesellschaft. Seit wenigen Monaten gibt es börsengehandelte Bitcoin-Fonds von den größten Vermögensverwaltern der Welt am relevantesten Kapitalmarkt zu kaufen. Gleichzeitig nimmt die Kreation von Satoshi Nakamoto immer mehr Raum in politischen Debatten ein und sogar im Wahlkampf um den nächsten US-Präsidenten ist Bitcoin derzeit im Fokus. Nicht nur Politiker und Privatinvestoren merken, dass sie von Bitcoin profitieren können, sondern bereits Länder und eine Vielzahl an Unternehmen, die aktiv auf das Asset setzen.

Ist im Angesicht der aktuellen Entwicklungen die Schwelle nun endgültig überschritten, sodass Bitcoin nicht mehr zu ignorieren und es im Sinne der oft angebrachten Spieltheorie jetzt nur noch die Frage ist, wer Bitcoin als Erstes für sich entdeckt und entsprechend am meisten profitiert?

Die Spieltheorie hinter Bitcoin

Im Rahmen der Bitcoin-Adoption fällt häufig der Begriff der Spieltheorie. Gemeint ist damit die Analyse der aufeinander aufbauenden Entscheidungsprozesse von Akteuren. Auf Bitcoin bezogen heißt es dabei oft, dass früher oder später alle auf Bitcoin setzen werden, weil sie eines Tages erkennen, dass Bitcoin nicht mehr verschwinden wird und es entsprechend das Beste sein wird, so schnell wie möglich dabei zu sein. 

Dies ist zum einen auf Bitcoin als Investment, zum anderen aber auch als Politikum zu beziehen. Sollte die Verbreitung von Bitcoin weiter zunehmen, dann wäre es sinnvoll, sich so früh wie möglich mit dem auf 21 Millionen Einheiten begrenzten Asset einzudecken. Gleichzeitig ist es aber auch eine Gefahr für Institutionen, sich einer unaufhaltsamen Verbreitung in den Weg zu stellen. Die Menschen werden sich nämlich merken, wer intellektuell ehrlich an das Thema herangegangen ist und wer die Adoption erschweren wollte – sei es aus Bösartigkeit oder Unwissen.

Selbst für Staaten oder Unternehmen, die derzeit von den Mechanismen des ungedeckten Fiatgeldes profitieren, ist – so die Theorie – eines Tages der Zeitpunkt erreicht, bei dem es höhere Kosten für sie verursacht, sich gegen Bitcoin zu stellen, als das alte System zu verteidigen. Da sich aktuell immer mehr Entitäten Bitcoin zunutze machen, stellt sich die Frage, ob diese Schwelle in immer mehr Bereichen so langsam überschritten sein könnte. 

Bitcoin wird zum Politikum

Das erste Mal, dass Bitcoin in diesem Jahr zum Wahlkampfthema wurde, war, als die südkoreanischen Parlamentswahlen anstanden. Die demokratische Partei Minju versprach, sich für eine Zulassung der Bitcoin-Spot-ETFs einzusetzen – Blocktrainer.de berichtete. Minju konnte überraschenderweise die Mehrheit der Stimmen für sich gewinnen und hat anschließend bereits die Regulatoren aufgefordert, den Sachverhalt zu überprüfen. Ob in der Republik, in der sehr viele Menschen Bitcoin und Kryptowährungen positiv gegenüber eingestellt sind, bald die ETFs tatsächlich handelbar werden, gilt es noch abzuwarten.

Im Angesicht der anstehenden US-Präsidentschaftswahl ist Bitcoin nun auch in den Mittelpunkt gerückt. Nachdem die Biden-Administration angekündigt hatte, ihr Veto gegen eine Resolution für eine Krypto-freundlichere Bankenregulierung einzusetzen und damit für Unmut in der Politik und der Bitcoin-Community sorgte, setzte Trump auf einmal in seinem Wahlkampf auf Bitcoin und Co. – Blocktrainer.de berichtete.

Der Ex-Präsident kritisierte die Biden-Administration für ihre Anti-Krypto-Haltung und betonte, dass mit ihm als Präsident die Industrie im Lande bleibt. Kurz darauf akzeptierte Trump Kryptowährungen für Wahlkampfspenden und er erklärte im Rahmen dessen, er werde eine “Krypto-Armee” aufbauen, um Bitcoin-Kritiker wie Senatorin Elizabeth Warren und Co. zu bekämpfen.

Trump ging sogar noch weiter und versprach, den Gründer vom Darknet-Marktplatz Silk Road, Ross Ulbricht, aus dem Gefängnis zu befreien, womit er in der Bitcoin-Community großen Zuspruch einfuhr. Bei Silk Road war Bitcoin das ausschließliche Zahlungsmittel und somit stellte der Handelsplatz für Drogen und Ähnliches den ersten großen Anwendungsfall von Bitcoin als ein Geld für freie Märkte dar.

Ein Wahlkampfhelfer vom Ex-Präsidenten ist David Bailye, CEO des Bitcoin-Nachrichtenportals Bitcoin Magazine. Auf 𝕏 teilte Bailey, dass Trump sagte, er wolle Bitcoin mehrere Billionen US-Dollar an Marktkapitalisierung hinzufügen, was einen um ein Vielfaches höheren Bitcoin-Kurs bedeuten würde. In einer Audiodiskussionsrunde auf 𝕏 soll der CEO vom Bitcoin Magazine Berichten zufolge vergangenen Sonntag auch erzählt haben, dass Trump ihn gefragt habe, ob die USA mit Bitcoin ihr Staatsschuldenproblem lösen könne.

Im Rahmen des seit Anfang Mai an Fahrt aufnehmenden “Pro-Bitcoin-Wahlkampfes” von Trump stieg die Wahrscheinlichkeit, dass er die Wahl gewinnen könnte, deutlich an. Währenddessen attackiert der 77-Jährige den amtierenden Präsidenten fortwährend dafür, dass er der Krypto-Industrie schadet.
 

Ich stehe Kryptowährungsunternehmen und allem, was mit dieser neuen und aufstrebenden Branche zu tun hat, sehr positiv und aufgeschlossen gegenüber. Unser Land muss in diesem Bereich führend sein. Es gibt keinen zweiten Platz. Der korrupte Joe Biden hingegen, der schlechteste Präsident in der Geschichte unseres Landes, will, dass Kryptowährungen einen langsamen und schmerzhaften Tod sterben. Mit mir wird das nicht passieren!
Donald Trump auf der Kurznachrichtenplattform Truth Social am 25.05.2024

Dass Bitcoin und Kryptowährungen wahlentscheidend werden könnten, scheint mittlerweile auch Präsident Biden wahrzunehmen. Entsprechend nähert sich dieser etwas wohlwollender dem Sektor. In Reaktion auf den Krypto-freundlichen Gesetzentwurf FIT21, der das US-Repräsentantenhaus vergangene Woche passierte, betonte die Biden-Administration, dass sie offen dafür ist, angemessene Rahmenbedingungen für den Krypto-Sektor zu schaffen.

Die Verwaltung freut sich auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Kongress bei der Ausarbeitung von Gesetzen für digitale Vermögenswerte, die angemessene Leitplanken für Verbraucher und Investoren enthalten und gleichzeitig die notwendigen Bedingungen für Innovationen schaffen und es wird noch mehr Zeit für diese Zusammenarbeit benötigt. 
Aus dem Statement

Spekulationen zufolge soll die Biden-Administration auch Druck auf die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC ausgeübt haben, sodass diese die Ethereum-Spot-ETFs zulässt, damit die derzeitige Regierung nicht zu sehr für einen Anti-Krypto-Kurs ins Kreuzfeuer gerät. Ganz aktuell gab es zudem die Meldung, dass das Team um Biden derzeit proaktiv auf die Krypto-Industrie zugeht, um sich bezüglich einer angemessenen Politik und dem Umgang mit der Community Rat einzuholen – Blocktrainer.de berichtete.

Laut einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts The Harris Poll und des Krypto-Vermögensverwalters Grayscale ist es inzwischen für ein Drittel der US-Wähler relevant, welche Position ein Präsidentschaftskandidat bezüglich Kryptowährungen vertritt. 37 Prozent der Befragten gaben zudem an, bei der im November anstehenden US-Präsidentschaftswahl mehr auf die Positionen bezüglich Kryptowährungen zu achten als bei vergangenen Wahlen. Jeder Zweite stimmt zudem eher für einen Kandidaten, wenn dieser über Kryptowährungen angemessen informiert ist.

In Deutschland ist Bitcoin währenddessen noch kaum Bestandteil politischer Debatten. Die AfD reichte zwar eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zu dem Thema ein, doch bisher macht sich keine relevante Partei hierzulande wirklich für Bitcoin stark. Dass Deutschland in dieser Hinsicht deutlich hinterherhinkt, geht auch aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage hervor. In dieser heißt es, dass Bitcoin aufgrund der hohen Volatilität sich nicht als Zahlungsmittel und Wertaufbewahrungsmittel eigne und die Bundesregierung dem Energieverbrauch kritisch gegenübersteht – Argumente, die noch auf eine Ignoranz oder Voreingenommenheit bezüglich der relevantesten Kryptowährung schließen lassen.

Adoptionswelle von Nationalstaaten könnte bevorstehen

In anderen Ländern sieht das derweil deutlich besser aus. El Salvador, das Land, in dem Bitcoin seit September 2021 gesetzliches Zahlungsmittel ist, macht seither überwiegend mit positiven Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Nicht nur, weil das mittelamerikanische Land einige Millionen US-Dollar an Profit durch ihr Investment eingefahren hat, sondern auch weil es ein beliebteres Tourismusziel und generell deutlich sicherer geworden ist.

Die positiven Entwicklungen bleiben wohl von anderen Ländern nicht unbemerkt. So trafen sich vor wenigen Tagen die Vertreter der Nationalen Wertpapierkommission von Argentinien (CNV) mit Vertretern der Nationalen Kommission für digitale Vermögenswerte von El Salvador (CNAD). Im Zentrum des Austauschs stand die Nutzung und Regulierung von Bitcoin – Blocktrainer.de berichtete.

Ob mit Argentinien zeitnah ein weiteres Land El Salvador folgen wird, bleibt abzuwarten. Das von Nayib Bukele geführte Land demonstriert jedoch der gesamten Welt, dass Bitcoin als Zahlungsmittel einzuführen, Vorteile hinsichtlich der Selbstbestimmung haben und ein Land zu einem beliebteren Tourismusziel machen kann. Insbesondere für die Schwellenländer könnte auf Bitcoin setzen derzeit eine interessante Strategie darstellen.

Industrienationen scheinen sich derweil generell kaum mit der Option von Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel zu beschäftigen. Deshalb könnten Länder wie El Salvador umso stärker durch die Bitcoin-Adoption profitieren, insofern sich das Asset weiter durchsetzt. Das Weiße Haus hat gestern eine Delegationsreise nach El Salvador angekündigt. Ob die Biden-Administration sich dabei schon etwas von El Salvadors Bitcoin-Strategie auf Nationalebene abschauen wird, gilt es zu beobachten. Bis jetzt drehen sich die Debatten in den USA überwiegend um Bitcoin als Anlageobjekt und nicht um die Funktion als Zahlungsmittel.

Unternehmen setzen vermehrt auf Bitcoin

Als das US-amerikanische Softwareunternehmen MicroStrategy als erste Aktiengesellschaft im August 2020 mit der Bitcoin-Strategie begann, dachten einige, dass es jetzt richtig losgehen wird und andere folgen werden. Tatsächlich tat es der bekannte Zahlungsdienstleister Block und anschließend auch der Autobauer Testa dem von Michael Saylor gegründetem Unternehmen nach. Doch die wirklich große Welle der Adoption von Unternehmen blieb noch aus.

Doch mit dem in den vergangenen Monaten wieder stark gestiegenen Bitcoin-Kurs scheint sich an dieser Front wieder etwas zu tun. Anfang Mai verkündete Block, seit April einen monatlichen Bitcoin-Sparplan mit einem Teil der Unternehmensgewinne auszuführen. Gleichzeitig erkennen kleinere Unternehmen, dass sie von Bitcoin profitieren können. So etwa die japanische Aktiengesellschaft Metaplanet, die vor rund zwei Monaten bekannt gab, jetzt auf eine Bitcoin-Strategie zu setzen. Der Kurs Aktienkurs von Metaplanet verdreifachte sich seither und das Unternehmen kaufte weiter nach. Doch mit einer Marktkapitalisierung von etwas über 50 Millionen US-Dollar ist Metaplanet noch ein unbedeutendes Unternehmen.

Mit Semler Scientific hat das Gleiche aber nun auch ein US-amerikanisches börsennotiertes Unternehmen getan. Am Dienstag meldete die Aktiengesellschaft für 40 Millionen US-Dollar Bitcoin gekauft zu haben und jetzt strategisch auf das Asset zu setzen.

Unsere Bitcoin-Treasury-Strategie und der Kauf von Bitcoin unterstreichen unsere Überzeugung, dass Bitcoin ein verlässliches Wertaufbewahrungsmittel und eine überzeugende Investition ist.
Eric Semler, Vorsitzender von Semler Scientific

Der Marktwert des nur rund 200 Millionen US-Dollar schweren Unternehmens legte seither um mehr als ein Drittel zu.

$SMLR verkündet unternehmerischen #Bitcoin-Standard:
- 160 Mio. $ Marktkapitalisierung, für 40 Mio. $ $BTC gekauft

In zwei Handelstagen: 
- +39 %, +$64 Mio. $ Marktkapitalisierung
- Volumen 17,5 x über dem 1-Jahres-Durchschnitt

Probably nothing.
Dylan LeClair, Bitcoin-Analyst

Auch wenn aktuell nur sehr kleine Unternehmen neben MicroStrategy, Block und Tesla in Bitcoin investiert haben, ist momentan wieder ein kleiner Trend zu erkennen. Dadurch, dass nicht nur MicroStrategy, sondern bisher auch Semler Scientific und Metaplanet durch die Bitcoin-Strategie bereits deutlich an Wert zulegen konnten, könnte dies andere Unternehmen dazu veranlassen, auch einen Bitcoin-Kauf in Erwägung zu ziehen.

Bitcoin-Adoption nimmt an Fahrt auf

Auch wenn Bitcoin noch weit davon entfernt ist, das Geld der Welt zu sein, ist eine eindeutige Entwicklung in Richtung einer breiteren Adoption erkennbar. Dabei ist zudem positiv zu werten, dass Bitcoin nicht nur als Anlageobjekt von immer mehr Unternehmen oder gar Vermögensverwaltern wie einem US-amerikanischen Pensionsfonds wahrgenommen wird, sondern auch, dass Bitcoin in Entwicklungsländern als ein Werkzeug zur Selbstermächtigung Anwendung findet – wie beispielsweise in abgelegenen Regionen in Peru.

Mit immer mehr Entitäten, die auf Bitcoin setzen oder sich positiv gegenüber der Kreation von Satoshi Nakamoto positionieren, steigt der Zugzwang ihrer Wettbewerber. Und dabei ist es umso glaubwürdiger, schon frühzeitig für Bitcoin einzustehen und nicht erst dann, wenn der Druck aus der Gesellschaft zu groß wird. Denn dann vermuten wohl zu viele Menschen berechtigterweise, dass keine echte Überzeugung, sondern lediglich Opportunismus die treibende Kraft ist.

Ob die Bitcoin-Adoption jetzt, wo das Asset immer mehr inmitten des Mainstreams ankommt, noch stärker voranschreiten wird als ohnehin schon, bleibt abzuwarten. Momentan sieht es in jedem Fall danach aus, als würde der bekannte Leitsatz der Bitcoin-Community “gradually, then suddenly”, auf Deutsch “erst allmählich, dann schlagartig”, tatsächlich die Realität beschreiben.

Über den Autor: Tristan

Tristan ist studierter Volkswirt mit journalistischer Erfahrung außerhalb von Blocktrainer.de. Seit 2020 ist Tristan im Bitcoin-Space aktiv, schon in den Jahren zuvor beschäftigte er sich mit libertärer Wirtschaftstheorie.

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