Nachdem Bitcoin am Montag kurz die Marke von 70.000 US-Dollar erreicht hat, ist das Asset im Wochenverlauf um zeitweise fast 14 Prozent eingebrochen. Alleine am Freitag gab der Bitcoin-Preis um sechs Prozent nach.

Trotz einer positiven Nachrichtenlage verweilt der Bitcoin-Kurs seit Ende Februar in einer Spanne zwischen 53.500 und 74.000 US-Dollar – mit starken Auf und Abs.

Was sind die Faktoren, die Bitcoin in den vergangenen Tagen unter Druck gebracht haben und wie könnte es weitergehen? 

Rezessionsangst

Seit einigen Tagen machen sich vermehrt Rezessionsängste in den USA breit. Die gestern gemeldeten Arbeitsmarktdaten aus den Vereinigten Staaten sind deutlich schlechter ausgefallen, als der Markt angenommen hatte. So lag etwa die Arbeitslosenquote mit 4,3 Prozent 20 Basispunkte über den erwarteten 4,1 Prozent.

Hinzukommt, dass die großen Aktiengesellschaften im Rahmen der Berichtssaison überwiegend enttäuschen – insbesondere durch die gegebenen Aussichten für die kommenden Monate.

Entsprechend steht momentan auch der zuvor wohl etwas heiß gelaufene Aktienmarkt unter Druck. Der Technologieindex Nasdaq 100 verlor im Wochenverlauf mehrere Prozent und handelte zum Handelsschluss am Freitag knapp elf Prozent unter dem Höchststand von Mitte Juli.

Bitcoin scheint sich von dem Abverkauf an den traditionellen Märkten nicht entkoppeln zu können und sich – im Gegensatz zum Krisenmetall Gold – nicht entgegen dem Abwärtstrend an den Aktienmärkten behaupten zu können. Marktteilnehmer handeln das Asset in dieser Korrektur wohl nicht als den „sicheren Hafen“, den viele Bitcoin-Enthusiasten darin sehen.

Erste Zinssenkung der US-Notenbank erst im September

Am Mittwoch dieser Woche gab es außerdem die Leitzinsentscheidung der US-Notenbank. Diese hat – wie der Markt auch angenommen hatte – den Zins in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent beibehalten. Nichtsdestotrotz kommen aktuell Sorgen auf, die Federal Reserve (Fed) würde die Zinsen erst zu spät senken und so die jetzt schon schwächelnde Wirtschaft vor die Wand fahren.

Die nächste Notenbanktagung ist erst am 18. September. Da die Fed neben dem Mandat der Preisstabilität auch für Vollbeschäftigung sorgen soll, ist spätestens nach den schwachen Arbeitsmarktdaten die erste Zinssenkung im September quasi ausgemachte Sache. Zu einer Wahrscheinlichkeit von über 20 Prozent geht der Markt sogar davon aus, dass es im September bereits zwei Zinsschritte nach unten geben wird – auf eine Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent. Und bis Ende des Jahres sind aktuell mindestens drei Zinssenkungen eingepreist.

Geopolitische Unsicherheiten

Auch an der geopolitischen Front spitzt sich momentan die Situation zu. Der Iran droht Israel aufgrund der Tötung des Anführers der Hamas in Teheran mit einem Vergeltungsschlag. Derweil entsenden die USA, Israels engster Verbündeter, Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in Richtung Nahost.

Eine Eskalation in Nahen Osten mit Involvierung der USA hätte weitreichende Folgen für die gesamte Welt und daher auch für die Wirtschaft und Kapitalmärkte. Das Risiko des Ausbruchs eines weit größeren Konflikts scheint der Markt momentan zusätzlich einzupreisen.

Faktoren aus dem Bitcoin-Markt

Neben makroökonomischen Gegenwind gibt es auch Faktoren speziell aus dem Bitcoin-Markt, die den Kurs derzeit wohl unter Druck bringen.

Verkaufsdruck über die ETFs

Obwohl die Bitcoin-Spot-ETFs aus den USA trotz Aufs und Abs im Bitcoin-Kurs in den vergangenen Wochen überwiegend auf der Käuferseite zu finden waren, verzeichneten diese am Freitag starke Abflüsse in Höhe von fast 250 Millionen US-Dollar. Dies war der schlechteste Handelstag für die Anlageprodukte seit dem 1. Mai 2024 und der viertschlechteste überhaupt seit der Zulassung im Januar.

Bitcoin-interner Verkaufsdruck

Derzeit laufen auch noch die Bitcoin-Rückzahlungen durch die vor mehr als zehn Jahren kollabierte Bitcoin-Börse Mt.Gox auf Hochtouren. Obwohl überraschenderweise die ehemaligen Kunden augenscheinlich vorerst nicht verkaufen wollten, kommen hierdurch insgesamt mehr als 140.000 BTC an Entitäten, welche diese jederzeit abstoßen können. Noch befinden sich mehr als 30.000 BTC auf der Mt.Gox-Wallet, die in den kommenden Wochen Schritt für Schritt bei weiteren Geschädigten landen werden.

Laut der Analyseplattform Arkham Intelligence hat zudem die Krypto-Firma Genesis rund 16.600 Bitcoin im Gegenwert von mehr als einer Milliarde US-Dollar verschoben. Diese stehen, so Arkham, wahrscheinlich ebenfalls mit Rückzahlungen an Gläubiger in Verbindung. Die bankrotte Lending-Plattform hatte am Freitag bekannt gegeben, den Umstrukturierungsplan nach „Chapter 11“ abgeschlossen zu haben.

 

Liquidierungskaskaden

Die bei Bitcoin üblichen Liquidierungskaskaden dürften im Rahmen der Korrektur für zusätzlichen Verkaufsdruck gesorgt haben. Diejenigen, die gehebelt auf steigende Notierungen wetten, müssen ihre Position zwangsverkaufen, insofern der Kurs auf ein bestimmtes Niveau fällt. Dadurch lässt der Preis meist umso schneller und stärker Federn.

Licht am Ende des Tunnels

Die Faktoren, die derzeit augenscheinlich für fallende Notierungen beim Bitcoin-Kurs sorgten, dürften nur von relativ kurzer Dauer sein. Der Zeitpunkt wird kommen, an dem die Rückzahlungen von Genesis und Mt.Gox abgeschlossen sind. Auch geopolitisches Säbelrasseln hat meist keinen langfristigen Einfluss auf die Kapitalmärkte.

Selbstverständlich ist aber nicht auszuschließen, dass eine große Finanzkrise oder gar ein größerer Krieg ausbricht, was kurz- und mittelfristig einen weiteren starken Gegenwind für Bitcoin bedeuten könnte. Doch fundamental hat sich an dem Asset nichts geändert. Die Bitcoin-Hashrate befindet sich derzeit sogar auf einem neuen Allzeithoch, was für eine starke finanzielle Aufstellung und für Zuversicht der Mining-Unternehmen spricht.

Selbst wenn eine Krise ausbricht, so führt dies unweigerlich zu weiterem Drucken von Geld durch die Zentralbanken. Dadurch dürften die Asset-Preise mittel- und langfristig nur noch weiter in die Höhe schießen.

Die „globale Geldmenge“, mit welcher der Bitcoin-Kurs stark korreliert, befindet sich derzeit schon auf einem neuen Allzeithoch. In absehbarer Zeit lockert zudem die relevanteste Notenbank der Welt, die Federal Reserve, auch wieder die Geldpolitik, wodurch die weltweit umlaufende Geldmenge noch weiter explodieren dürften. Dieser Trend, der wohl Kurstreiber Nummer eins für Bitcoin ist, ist unaufhaltsam und befindet sich aufgrund der rund um den Globus immer weiter ausufernden Verschuldung wohl erst noch am Anfang.

Momentan gibt die Nachrichtenlage rund um Bitcoin sogar Grund für starken Optimismus. Nicht nur zieht Präsidentschaftskandidat Donald Trump in Betracht, mit Bitcoin das Staatsschuldenproblem der USA zu lösen, sondern auch die Kaufnachfrage durch Institutionen dürfte weiter ansteigen.

Milliardenschwere börsennotierte Unternehmen wie MicroStrategy und Block Inc. kaufen regelmäßig Bitcoin und es scheint sogar bei den staatlichen Pensionsfonds aus den USA der Stein ins Rollen gekommen zu sein. Einer nach dem anderen stürzt sich momentan auf die Bitcoin-Spot-ETFs.

Laut einem Bericht von CNBC erlaube darüber hinaus auch die Großbank Morgan Stanley jetzt bald den rund 15.000 Finanzberatern, die Bitcoin-Spot-ETFs aktiv zu bewerben. Bisher sei es eher so, dass Großbanken Kunden nur die Anlageprodukte verkauften, wenn diese explizit danach fragten, erklärt CNBC.

Die für Bitcoin typischen starken Kurseinbrüche sollten nicht für Verunsicherung sorgen – insbesondere dann, wenn einen die langfristige Vision hinter Satoshi Nakamotos Kreation überzeugt.

Tristan

Über den Autor: Tristan

Tristan ist studierter Volkswirt mit journalistischer Erfahrung außerhalb von Blocktrainer.de. Seit 2020 ist Tristan im Bitcoin-Space aktiv, schon in den Jahren zuvor beschäftigte er sich mit libertärer Wirtschaftstheorie.

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