Nachdem Bitcoin am 14. März dieses Jahres ein neues Allzeithoch von rund 73.800 US-Dollar setzen konnte, scheint die Luft raus zu sein. Trotz einer Vielzahl positiver Meldungen und Rekordständen an den Aktienmärkten befindet sich Bitcoin seit einigen Wochen in einer Seitwärtsphase.

In den vergangenen 16 Tagen alleine ist der Bitcoin-Kurs um mehr als 10 Prozent eingebrochen. Aktuell kostet ein BTC rund 64.000 US-Dollar, womit ein Kursanstieg von um die 15 Prozent das Asset von neuen Höchstständen trennt.

Aktienmärkte in Party-Stimmung während Bitcoin fällt

Normalerweise weisen Vermögenswerte generell eine starke Korrelation zueinander auf, die wohl primär mit der Geldpolitik der USA beziehungsweise der Liquidität zusammenhängt. Bitcoin stellt in den Köpfen vieler Investoren wohl noch als ein Risk-On-Asset dar, das sie in Phasen kaufen, in denen das Geld generell lockerer sitzt. Entsprechend war in der Vergangenheit eine starke Korrelation insbesondere mit Technologieaktien beziehungsweise dem Technologieindex Nasdaq 100 zu erkennen.

Bitcoin als auch der Nasdaq 100 haben in Reaktion auf die lockere Geldpolitik im Rahmen der Coronapandemie besonders stark profitieren können. Als sich die Zinswende abzeichnete, ging das Asset ein paar Wochen vor dem Nasdaq 100 in einen Abwärtstrend über. Beide Anlageklassen fanden Ende 2022 ihren Boden und stiegen seither wieder steil an. Die hohe Korrelation über die vergangenen Jahre ist deutlich erkennbar, auch wenn Bitcoin seit dem Corona-Crash eine um Welten bessere Performance hingelegt hat. Bitcoin konnte seit dem Corona-Tief bisher ein Kursplus von über 1.500 Prozent verzeichnen, während der Nasdaq 100 um weniger als 200 Prozent zulegte. 

Dass Bitcoin seit Anfang Juni deutlich nachgibt, während der US-amerikanische Aktienmarkt weiter auf neue Höchststände steigt, ist ungewöhnlich. Einige Marktbeobachter gehen davon aus, dass Bitcoin alsbald wieder diese Lücke schließen wird. Es ist jedoch auch vorstellbar, dass Bitcoin – wie gegen Ende 2021 – schon vor dem momentan wohl heißgelaufenen Aktienmarkt einen Richtungswechsel einleitet.

Sollten die Aktienmärkte jetzt ebenfalls in den Korrekturmodus übergehen, dann könnte dies durchaus dazu führen, dass es Bitcoin weiterhin schwer hat.

Bitcoin fällt trotz bullischer News

Fundamentale Gründe sind für diese relative Schwäche momentan nicht zu finden – im Gegenteil. In den vergangenen Wochen gab es einige Nachrichten, die einen deutlich steigenden Preis gerechtfertigt hätten:

Der erste Pensionsfonds aus den USA hat über die neuen ETFs rund 160 Millionen US-Dollar in Bitcoin investiert und damit womöglich einen Stein ins Rollen gebracht. Zudem dreht sich der US-Wahlkampf momentan um Bitcoin. Donald Trump setzt einen Fokus darauf, die Bitcoin-Community für sich zu gewinnen und sogar Präsident Joe Biden scheint in dieser Hinsicht nachziehen zu wollen

Währenddessen setzen immer mehr Unternehmen auf eine Bitcoin-Strategie. Der First-Mover MicroStrategy kaufte kürzlich erst für fast 800 Millionen US-Dollar Bitcoin nach und der große Zahlungsdienstleister Block setzt seit April auf einen Bitcoin-Sparplan.

Positive Meldungen sollten sich normalerweise in einem steigenden Bitcoin-Kurs widerspiegeln. Letztlich bestimmen aber die Kauf- und Verkaufsnachfrage den Preis eines Assets. Und wenn nun mal momentan das Verkaufsvolumen überwiegt, beziehungsweise Käufer und Verkäufer aktuell bei einem Kurs von um die 64.000 US-Dollar zusammentreffen, dann findet der Markt wohl gerade, dass Bitcoin bei diesem Preis fair bewertet ist.

Miner-Kapitulation

Verkaufsdruck scheinen derzeit die Bitcoin-Miner auszulösen. Seit Ende vergangenen Jahres reduzieren die Miner ihre Bitcoin-Bestände deutlich. Dies hat zwar den Bitcoin-Kurs in den vergangenen Monaten nicht am Steigen gehindert, jedoch sind hier wiederkehrende Verkäufe auszumachen.

Diese „Miner-Kapitulation“ könnte sich unter Umständen auch noch weiter fortsetzen. Noch halten die Mining-Unternehmen laut Glassnode zusammengenommen mehr als 1,8 Millionen BTC im Gegenwert von etwa 116 Milliarden US-Dollar. Und da sich die Miner seit dem Bitcoin-Halving im April nur noch 3,125 anstelle von 6,25 BTC je neuen Block – zuzüglich der Transaktionsgebühren – auszahlen können, leidet momentan die Profitabilität. Der Bitcoin-Kurs ist seither weder deutlich angestiegen, noch sind die Transaktionsgebühren nachhaltig durch die Decke gegangen. Dass es die Mining-Unternehmen momentan schwieriger haben, ist auch anhand der leicht rückgängigen Hashrate abzulesen. Die leidende Profitabilität könnten die Unternehmen noch weiterhin damit kompensieren, dass sie ihre üppigen Bitcoin-Bestände abverkaufen.

Schwache ETF-Daten

Auch die Bitcoin-ETFs aus den USA sorgen für Verkaufsdruck. Nachdem die Anlageprodukte erst am 10. Juni ihre neue Rekordzuflussserie von 19 Tagen beendeten, sind den ETFs seither wieder mehr als eine Milliarde US-Dollar abgeflossen. Die kumulierten Zuflüsse sanken in diesem Zeitraum von über 15,6 auf unter 14,6 Milliarden US-Dollar.

In den vergangenen neun Handelstagen gab es nur einen mit grünen Zahlen über alle ETFs hinweg – und zwar den 12. Juni, der Tag, an dem niedriger als erwartete Inflationsdaten aus den USA ein kleines Kursfeuerwerk an den Kapitalmärkten auslösten.

Momentan sind den Anlageprodukten sechs Tage in Folge Mittel abgeflossen. Der bisherige Negativrekord für die Bitcoin-Spot-ETFs liegt in dieser Hinsicht bei sieben Tagen. Dies war der Fall um den lokalen Tiefstpunkt des Bitcoin-Kurses um den 1. Mai herum. 

Die Korrelation zwischen den ETF-Zuflüssen und dem Bitcoin-Preis ist weiterhin hoch, was darauf schließen lässt, dass der Bitcoin-Handel an der Wall Street den momentan stärksten Einfluss darauf hat, wohin sich das Asset bewegt. Dies wird auch dadurch deutlich, dass an Wochenenden oder US-Feiertagen Impulse für den Bitcoin-Kurs ausbleiben.

Nur eine Verschnaufpause?

Bitcoin ist trotz der momentanen Korrektur seit Jahresauftakt noch über 50 Prozent im Plus, während der Nasdaq 100 im gleichen Zeitraum weniger als 20 Prozent zulegen konnte. Da der Bitcoin-Kurs durch den ETF-Hype im ersten Quartal regelrecht durch die Decke ging, ist die kleine Verschnaufpause wohl nicht unangebracht – nicht zuletzt auch deshalb, weil Bitcoin im Jahr 2023 bereits um 150 Prozent gestiegen ist.

Bitcoin hatte wohl schon ein wenig des kommenden Zyklus vorweggenommen, was auch dadurch deutlich wurde, dass es dem Asset erstmals gelang, vor dem Halving das Allzeithoch des vergangenen Zyklus zu brechen. Jedoch verweilt Bitcoin länger auf dem Allzeithochniveau des Zyklus davor, als die meisten wohl angenommen hätten. Im Jahr 2020 gelang es Bitcoin in einer deutlich kürzeren Zeit, diese magische Marke nachhaltig zu durchbrechen und auf deutlich höhere neue Höchststände zu steigen. Nichtsdestotrotz erstreckte sich die Konsolidierung auf diesem Niveau im Anfang 2017 ebenfalls über einige Wochen.

Wie es sich in diesem Jahr ausspielen wird, gilt es noch abzuwarten. Die momentane Nachrichtenlage dürfte durchaus geeignet für die Fortsetzung des Bullenmarktes sein. Vor wenigen Tagen erhöhte Bernstein, eines der relevantesten Analysehäuser an der Wall Street, das Kursziel für Bitcoin für das kommende Jahr auf 200.000 US-Dollar. Sogar einen Bitcoin-Preis von einer Million US-Dollar bis zum Jahr 2033 hält Bernstein für wahrscheinlich. Diese Meldung wurde von einigen großen Medienhäuser wie Forbes aufgegriffen.

Zudem stehen noch Zinssenkungen und eine lockere Geldpolitik der US-Notenbank für dieses Jahr im Raum. Der Markt geht aktuell mit einer Wahrscheinlichkeit von über 60 Prozent davon aus, dass die Federal Reserve bereits zur Notenbanktagung im September den Leitzins gesenkt haben wird. Ein expansiveres geldpolitisches Umfeld könnte die allgemeine Investitionsfreudigkeit noch weiter anheizen und Bitcoin wie im Jahr 2020 und 2021 Rückenwind geben.

Zusätzlich dürfte der US-Präsidentschaftswahlkampf weiter den Fokus der Berichterstattung auf Bitcoin lenken, wodurch das Asset wieder in der Mitte der Gesellschaft ankommen sollte.

Über den Autor: Tristan

Tristan ist studierter Volkswirt mit journalistischer Erfahrung außerhalb von Blocktrainer.de. Seit 2020 ist Tristan im Bitcoin-Space aktiv, schon in den Jahren zuvor beschäftigte er sich mit libertärer Wirtschaftstheorie.

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